15. september 1945: anton webern wird aus versehen von einem us-soldaten erschossen
im märz war der komponist mit seiner familie vor den bomben aus wien nach mittersill im salzburger land geflohen. nun war das kriegsende vier monate her. und für den als „kulturbolschemisten“ geschmähten, mit aufführungsverbot belegten (obwohl deutsch-national angehauchten) webern zeichnete sich gerade ein heller streifen am horizont ab; er sollte in wien eine professur bekommen. „wer spricht von siegen? überstehn ist alles.“, der rilke-vers in seinem notizbuch, aber auch „schien mir’s, als ich sah die sonne“, der titel eines seiner stücke aus dieser zeit…
am abend des 15. september waren webern und seine frau bei tochter christine und deren familie zu gast, die ebenfalls in mittersill, markplatz 101, zuflucht gesucht hatten. nach dem essen bot ihm sein schwiegersohn eine der raren amerikanischen zigaretten an. es war weberns erste zigarette seit monaten. er wollte sie vor dem haus rauchen. im flur zündete er sie an. sekunden später trafen ihn drei schüsse. er torkelte noch ins zimmer zur familie zurück, aber starb gleich darauf mit den worten „es ist aus.“
anton webern konnte nicht wissen, dass sein schwiegersohn benno mattel in schwarzmarktgeschäfte verwickelt war, ihm die amis eine falle gestellt hatten, und ihn gerade verhaften wollten, als er aus dem haus trat. auch raymond bell, der amerikanische kompaniekoch, der den mann im dunklen wohl für einen angreifer hielt, konnte nicht wissen, dass er keinen schwarzmarkthändler, sondern einen der großen komponisten des jahrhunderts erschossen hatte. bell wurde wegen „notwehr“ freigesprochen, verkraftete das ereignis aber nie. er starb zehn jahre später an alkoholismus; wenn er betrunken war, soll er immer wieder gesagt haben, dass er sich wünschte, den mann nicht erschossen zu haben.

