
3.juli 1897: das riesenrad im wiener prater nimmt den betrieb auf – und ist bis heute eines der markanten wahrzeichen der stadt, verewigt in literatur, musik und film, denken wir nur an seinen gemeinsamen „auftritt“ mit orson welles in „der dritte mann“…
die anfänge des riesenrads sind vor allem mit zwei jüdischen männern verbunden, die den gleichen nachnamen tragen, aber nicht miteinander verwandt waren: gabor steiner, geboren 1858 in temeswar und eduard steiner, geboren 1884 in hornosín – das eine im ungarischen, das andere im böhmischen teil österreich-ungarns gelegen.
gabor steiner, sohn eines theaterdirektors, war nacheinander direktor des residenztheaters in hannover, pächter des berliner walhalla-operettentheater, künstlerischer leiter der hans-wurst-bühne und schließlich des carltheaters in der leopoldstadt gewesen, bevor er 1894 die „kaiserwiese“ am wiener prater pachtete und dort ein jahr später seinen vergnügungspark „venedig in wien“ eröffnete, ein frühes disneyland mit nachbauten von campanile, palazzi und kanälen, an denen amüsements aller art lockten – konzerte, theater, zirkus, kulinaria und die wiener maderln…
in amerika hatte derweil george ferris das riesenrad erfunden und es mit großem erfolg 1893 bei der weltausstellung in chicago debütieren lassen. der brite (achtung schicker doppelname) walter bassett basset hatte ihm das patent abgekauft und zwei weitere riesenräder in england gebaut. nun sollte auch eins nach wien, denn zum 50. thronjubiläum franz joseph I. wurden scharenweise auswärtige gäste erwartet. gabor steiner war begeistert, opferte den „turm von murano“ in seinem „venedig“, um platz für die erste sensation aus stahl zu schaffen und ließ bassett basset mit dem ingenieur harry hitchin, dem konstrukteur hubert cecil booth und sechs englische monteure ihres amtes walten.
die ließen sich das material aus england liefern. auch die große 16 tonnen schwere achse des riesenrads kam aus glasgow und wurde von 16 pferden in den prater gezogen. nur die 30 waggons und die zwei motoren waren in österreich hergestellt worden. letztere trieben das rad an (das kraftübertragungssystem ist aber so ausgelegt, dass es auch per hand gedreht werden könnte).
als das riesenrad nach acht monaten bauzeit endlich fertig war, war der jubel also groß. es war mit einem gesamtdurchmesser von knapp 61 metern und der auffälligen eisenkonstruktion, die alles in allem fast 250 tonnen wiegt, ein weithin sichtbares symbol der neuesten ingenieurskunst und ist heute das einzige der vier ersten riesenräder, das noch steht.
eine fahrt in der neuen sensation war allerdings ein sehr teurer spaß, bedenkt man, dass acht acht gulden kostete und der durchschnittliche monatsverdienst damals bei unter 30 gulden lag. trotzdem ließen es sich schon im ersten jahr rund 240.000 wiener nicht nehmen, ein paar runden in der neuen attraktion zu drehen.
trotz des großen erfolgs geriet gabor steiner zehn jahre später infolge weiterer riskanter investitionen in schwierigkeiten und musste 1908 konkurs anmelden. neuer besitzer wurde walter basset, der dann aber (weil brite) im ersten weltkrieg 1916 enteignet wurde. nun war also die stadt wien eigentümerin des riesenrads und schrieb es zur versteigerung aus. ein käufer fand sich jedoch erst 1919: der eingangs erwähnte prager eisenwarenhändler eduard steiner. er wollte das riesenrad eigentlich abbauen und verschrotten lassen, entschied sich dann aber doch lieber dafür, es zu verpachten. schließlich wollten die wiener auch in der jungen republik österreich ihren spaß haben…
1928 wurde als letztes auch bassets riesenrad in blackpool demontiert. somit war steiners riesenrad in wien das höchste der welt und nicht mehr wegzudenken aus dem wiener stadtbild. zehn jahre später, nach dem „anschluss“ österreichs, wurde eduard steiners ganzer stolz und sein gesamtes eigentum „arisiert“, an vier verdiente ns-parteigenossen: alfons wilfert 40% , johann michna 20%, franz öhlwein 20% und josef oertel 20%.
gabor steiner, der errichter des riesenrades, auch sein eigentum war „arisiert“ worden, floh im september 1938 aus wien zu seinem sohn in die usa und starb 1944 in beverly hills.
sein namensvetter eduard steiner, der letzte rechtmäßige besitzer des riesenrades, und seine frau karolina wurden im august 1942 nach theresienstadt deportiert und am 18. juni 1944 in auschwitz-birkenau ermordet.
das riesenrad selbst, das 1947 nach den schweren kriegsschäden repariert, wieder den betrieb aufnahm, wurde 1953 an das letzte noch lebende kind der steiners, ihre tochter elisabeth, restituiert, die es schließlich an ihren anwalt verkaufte.
