
18.august 1843. das königliche opernhaus, die heutige staatsoper berlin, brennt bis auf die grundmauern ab.
illustrirte zeitung, 16.9.1843: „Es war am Freitag den 18. August 1843 bald nach 22 Uhr, an einem warmen Sommerabend, den die abnehmende Sichel des Mondes nur spärlich beleuchtete, als ganz Berlin durch einen plötzlich emporsteigenden ungeheuren Feuerschein die Nacht in Tag verwandelt sah. (…)
Im Opernhaus hatte an diesem Abend eine Vorstellung stattgefunden, die bis nach 21 Uhr dauerte. (…) Es wurde ein sogenanntes militärisches Ballett, ›Der Schweizer Soldat‹ gegeben, ein sinnloses Produkt, das meistens auf den Knalleffekt, d.h. auf die Wirkung des Schießpulvers und einiger Schlachtszenen berechnet war. Eine Wirkung dieses Balletts, die jedoch nicht mit berechnet worden, ist unstreitig das Feuer, welches in dieser Nacht das Haus vernichtete (…)
Als die Wächter das noch auf den Garderobenraum beschränkte Feuer bemerkten, eilten sie, von der im Opernhaus angebrachten Vorrichtung, durch welche in kurzer Zeit 500 Eimer Wasser durch alle Teile des Hauses getrieben werden konnten, Gebrauch zu machen; der Schlüssel zum Reservoir war jedoch nicht zu finden, da der Maschinist, der dasselbe zu beaufsichtigen hatte, ihn mit sich nach Hause genommen. (…)
Binnen einer Stunde stand das ganze Gebäude von 261 Fuß Länge und 103 Fuß Breite in vollen Flammen! Das Opernhaus, auf einem der schönsten architektonischen Plätze nicht bloß Berlins, sondern aller europäischen Hauptstädte erbaut, bedrohte durch seinen Brand folgende öffentliche Gebäude: Die katholische St. Hedwigs-Kirche, die königliche Bibliothek, den Palast des Prinzen von Preußen, das Universitäts-Gebäude, die Hauptwache und das sogenannte Prinzessinnen- Palais. (…)
Der Prinz von Preußen selbst war sogleich beim Ausbruch des Feuers auf die Straße geeilt und hatte für eine zweckmäßige Verteilung der rasch herbeibeorderten Truppen gesorgt, die zunächst darauf sahen, dass die ungeheuren Massen von Menschen – vielleicht 150.000 – die von allen Seiten herzugeströmt waren, durch ihre müßige Neugier nicht die Tätigkeit der Löschmannschaften hinderten. (…)
Zwischen 23 und 0 Uhr brach der mittlere und hintere Teil des Opernhausdaches in sich zusammen und ganze Massen roter Feuergarben stiegen jetzt in die Höhe, deren grauenhaft schöner Anblick einen imposanten Eindruck auf die Umstehenden machte. (…)
Um 1 Uhr brach auch der Konzertsaal zusammen, wobei sich die Feuersäule noch einmal, aber zum letzten Mal mit einem gewaltigen Funkenregen turmhoch erhob, dann aber immer kleiner wurde, bis sich endlich die Flammen auf ihre Umfassungsmauern beschränkten und in die Ferne nur noch eine ungeheure Dampfwolke aussandten, die selbst von über zwei Meilen weit entfernten Dörfern noch mit gleicher Stärke gesehen wurde. (…)
Gegen 8 Uhr bereits besichtigte der König, der aus Potsdam herüberkam und dort des Morgens um 4 Uhr durch eine Estafette von dem Brand in Kenntnis gesetzt war, die Ruine des Opernhauses. Er hat, wie man vernimmt, die Wiederherstellung desselben in den bisherigen edlen Konturen anbefohlen, und zwar soll dabei das Andenken an Friedrich den Großen, der vor hundert Jahren dieses Gebäude errichten ließ, dessen damals ihm gegebenen Inschrift (Fridericus Rex Apollini et Musis. MDCCXLIII) das Feuer verschont hat, möglichst erhalten werden. Die Kosten der völligen Wiederherstellung sind auf 800.000 Taler angeschlagen. (…)“
_anderthalb jahre später, auf den tag genau
102 jahre nach der ersteinweihung durch friedrich den großen (damals mit der graun-oper „cesare e cleopatra“), kann sein nachfolger friedrich wilhelm II das haus mit der eigens für diesen anlass komponierten meyerbeer-oper „ein feldlager in schlesien“ feierlich wiedereröffnen.
bei einem luftangriff im april 1941 wird die oper erneut schwer beschädigt, auf befehl hitlers wiederaufgebaut und am 12. dezember 1942 mit den „meistersingern von nürnberg“ neu eingeweiht.
im februar 1945 bekommt das haus noch einmal drei volltreffer ab. diesmal ist es die ddr-regierung, die den wiederaufbau betreibt und das haus 1955 neu eröffnet, nun mit wilhelm pieck als präsidenten und 250 „helden der arbeit“ im publikum, aber wie ihre vorgänger mit den „meistersingern“. und in den 2010ern wurde dann noch mal grundlegend saniert und modernisiert und 2017 wiedereröffnet (diesmal ohne wagner).
obwohl der bau von knobelsdorff äußerlich nie mehr als unbedingt nötig verändert wurde, ist durch den x-fachen um-, aus- und wiederaufbau seit dem brand von 1843 von der ursprünglichen bausubstanz des ältesten opernhauses berlins heute allerdings nicht mehr viel übrig.
