Da geht a mentsch

alexander granach, am 18. april 1890 im galizischen dorf werbiwzi (heute ukraine) geboren, war einer der großen charakterdarsteller im deutschland der 1920er-jahre.

mit 16 jahren brannte der bäckersohn aus dem stetl, der bis dahin „nur“ jiddisch, russisch, ukrainisch und polnisch sprach und zur bühne wollte, nach berlin durch, lernte hochdeutsch, nahm schauspielunterricht und wurde von seinem lehrer zu max reinhardt geschickt, der das energiebündel sofort engagierte. jessaja szajko gronach änderte seinen namen in alexander granach, ließ sich seine x-beine brechen, um sie zu begradigen und wurde nach dem ersten weltkrieg (den er mit militärdienst und gefangenschaft verbracht hatte) einer der gefragtesten expressionistischen schauspieler – eine „urgewalt“, so in murnaus berühmten „nosferatu“, in seiner paraderollen als mephisto, vor allem aber als shylock. bert brecht: „ich erinnere mich seiner, wie er in münchen 1920 den shylock spielte, frech, aufdringlich, brüllend, dass der kronleuchter wackelte…“ und o-ton gad granach: „wenn werner kraus spielte shylock, kamst du aus dem theater raus als antisemit. wenn mein vater spielte shylock, dann kamst du aus dem theater und fühltest die tragödie des jüdischen volkes.“

1933 war es auch für den frauenschwarm granach in deutschland schlagartig vorbei mit der sensationell steilen film- und theaterkarriere. er flüchtete erst nach warschau ans jiddischen theater, dann weiter ostwärts nach kiew, wurde 1937 im zuge der stalinistischen säuberungen unter spionageverdacht verhaftet und konnte nur dank fürsprache lions feuchtwangers in die schweiz ausreisen. 1938 emigrierte granach in die usa und lernte nun auch noch englisch. bis zu seinem tod 1945 infolge einer blinddarm-operation spielte er in etlichen filmen anderer emigranten-kollegen gezwungenermaßen meist nebenrollen oder (kommunistische und nazistische) bösewichter, wie in „ninotschka“ von ernst lubitsch und „das siebte kreuz“ von fred zinnemann.

vielleicht würde den großen mimen trotzdem heute kaum noch jemand kennen, hätte alexander granach nicht eine grandiose, bewegende, hinreißend erzählte autobiografie geschrieben, die 1945 posthum und seitdem in x auflagen in deutschland erschienen ist: „da geht ein mensch“ (unbedingt lesenswert, genau wie die seines sohnes gad granach: „heimat los!“)

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