
les ventres jaunes. die fotos zeigen die wohl einzigartige arbeitshaltung der messerschleifer von thiers in der auvergne. sie verrichteten ihre arbeit auf dem bauch liegend, um sich nicht den ganzen tag im stehen tief zu den schleifrädern herunterbeugen zu müssen und weil die liegeposition ihnen eine gewisse stabilität verlieh, mit der sie gezielter und präziser druck auf die wasserbetriebenen sandsteinräder ausüben konnten, an denen sie ihre klingen formten und schärften. die schleifer (auf einem foto auch schleiferinnen) waren das wichtigste glied in der arbeitsteiligen produktionskette; ihr tun entschied über die langlebigkeit und qualität der klingen. sie wurden deswegen auch etwas besser bezahlt als die zulieferer, die den stahl oder die griffe herstellten.
zugleich hatten sie die schwerste arbeit von allen. im sommer war es in den werkstätten bei extrem hoher luftfeuchtigkeit bis zu 50 grad heiß, und im winter so kalt, dass die arbeiter ihre hunde mitbrachten, um sie als „wärmkissen“ auf ihren beinen sitzen zu lassen (die ersten zwei fotos). dazu kam die hohe verletzungsgefahr, der unglaubliche lärm, der überall in der kleinstadt zu hören gewesen sein soll, das giftige holzkohlepulver, mit dem die öfen beheizt wurden und das zu schweren atemwegserkrankungen führte, und der gelbe staub, der von den schleifscheiben aufstieg, was den arbeitern den beinamen „ventres jaunes“ (gelbbäuche) eingebracht hat.
thiers war und ist die hauptstadt der französischen messerproduktion. noch heute kommen 80% aller in frankreich hergestellten messer aus dieser region. begünstigt durch den schnellfließenden fluss durolle und die umliegenden wälder, diente die wasserkraft hier schon im mittelalter dazu, getreidemühlen, gerberwalzen, papierhämmer und mit der entwicklung von bestecken eben auch gießerhämmer und schleifscheiben anzutreiben. im 17. jahrhundert begannen die thierser ihre messer dann in alle welt zu exportieren und mindestens seit dieser zeit (siehe die letzte, historische abbildung) lagen sie beim schleifen auch auf dem bauch. erst mit der mechanisierung wurde die ungewöhnliche arbeitsposition hinfällig.
