
märz 1947. fifth avenue, ecke 128th straße, harlem, new york. das vierstöckige stadthaus der brüder homer und langley collyer wird geräumt: 120 tonnen zeitschriften, 25.000 bücher, 14 klaviere, 2 orgeln, spielzeug, waffen, kinderwägen, nähmaschinen, autokarosserien, gemälde, teppiche, kleidung, holz, geigen, 8 lebende katzen… und leider werden unter den 103.000 kilogramm gerümpel im abstand von zwei wochen auch die leichen der beiden besitzer gefunden, die sich hier jahrelang verbarrikadiert und sich nur in engen tunneln zwischen ihren gesammelten „schätzen“ bewegt hatten.
die öffentlichkeitsscheuen junggesellen stammten aus einer wohlhabenden familie. ihr vater war ein exzentrischer gynäkologe, die mutter eine ex-opernsängerin und ausgesprochene domina. beide hatten an der columbia-universität studiert, homer (1881) war jurist und langley (1885) ingenieur geworden, letzterer auch ein talentierter konzertpianist und bastler. seit 1909 wohnten sie in diesem haus.
schrullig sollen die beiden schon immer gewesen sein, doch irgendwann in den 1930-ern begann ihr nonkonformes verhalten die oberhand zu gewinnen. telefon, strom und wasser war ihnen längst abgedreht worden. die reichen leute waren aus der gegend, die nun zunehmend von farbigen bewohnt wurde, längst weggezogen. die brüder wurden immer mehr zu einsiedlern und verweigerten sich schließlich komplett der umwelt. langley, der auch diverse sachen erfunden hatte (wie einen staubsauger für das innere von klavieren) verrammelte alle fenster und eingänge mit brettern und gittern, grub schmale gänge in ihre besitztümer, die sich bis zu den zimmerdecken stapelten und baute diverse einbrecherfallen in sein tunnelsystem.
nachdem homer erblindete war, verließ auch langley nur noch des nachts das haus, um neue schätze, wasser und lebensmittel für sich und seinen bruder heranzuschleppen, den er mit schwarzbrot, erdnussbutter und 100 orangen die woche verköstigte, in der überzeugung, dies würde ihm sein augenlicht wiederbringen. er las ihm aus zeitungen vor, spielte klavier für ihn, fütterte und wusch ihn – bis zu dem tag, als er sich in einer seiner fallen verfing, und beide nacheinander verhungerten bzw. verdursteten…
homer und langley collyer gelten in den usa als synonym für „messies“ (die wortschöpfung von sandra felton stammt allerdings erst aus den 1980-ern). nach ihrem tod ging das haus in den besitz der stadt über, die es abreißen und an seiner stelle den collyer brothers parc einrichten ließ. e.l. doctorow hat den brüdern in dem roman „homer & langley“ ein denkmal gesetzt (deutsch bei kiepenheuer & witsch)
