
freitag, 13.juli 1945. erster gottesdienst nach dem krieg in der synagoge rykestraße in ost-berlin; auf einladung des neuen gemeindevorsitzenden erich ne(h)lhans, der die schoa als „u-boot“ überlebt hatte, war sogar der sowjetische stadtkommandant nikolai bersarin anwesend, wie hier und da zu lesen ist…
die 1904 eingeweihte synagoge in der rykestraße war in der pogromnacht 1938 dank ihrer lage zwischen wohnhäusern auf einem innenhof nicht angezündet worden, aber die nazis hatten sie geplündert und die einrichtung zerstört. die gemeinde hatte sie notdürftig instandgesetzt und zu pessach 1939 wieder in betrieb genommen, bis die gottesdienste im april 1940 verboten wurden. 1941 musste auch die jüdische schule im vorderhaus schließen (in der man dann 1945 in berlin gestrandete schoa-überlebende untergebracht hat). im krieg wurden in der gebetshalle möbel gelagert (dass sie als pferdestall der wehrmacht genutzt wurde, wie gern erzählt wird, ist indes unwahrscheinlich, in der synagoge wurden nichts gefunden, das auf eine solche nutzung schließen ließe).
der gottesdienst am 13. juli 45 wurde jedenfalls in der kleinen wochentags-gebetshalle abgehalten, da im eigentlichen synagogensaal die meisten bänke verschwunden, die fenster kaputt und der aron ha kodesh durch eine mauer verdeckt war. zwei wochen später, am 29. juli, fand in der kleinen halle auch die erste hochzeit seit der schließung 1940 statt. rabbiner martin riesenburger traute zwei menschen, die sich in ravensbrück kennengelernt hatten, nachdem sie auschwitz überlebt und den todesmarsch überstanden hatten: ruth glückmann und julius meyer.
bittere ironie der geschichte: der eingangs erwähnte erich nehlhans verschwand bald darauf wegen angeblicher spionage für die amis für immer in einem sowjetischen gulag; und julius meyer, sein nachfolger im amt, sah sich 1953 genötigt, vor ähnlichen anschuldigungen seiner sed-partei-genossen in den westen zu fliehen.
ps. nikolai bersarin kann am 13. juli höchstens als geist anwesend gewesen sein, da er mit seinem motorrad schon einen monat vorher tödlich verunglückt war.
foto: synagoge rykestraße 1905
