Stadtfernsprecheinrichtung

am 12. januar 1881 nimmt die erste deutsche fernsprechvermittlungsstelle mit acht (!) teilnehmern den betrieb auf: mit dem direktor der großen berliner pferdeeisenbahn-aktiengesellschaft, cäsar wollheim „kohlen & metalle“ und sechs banken.

nachdem sein aufruf an die berliner öffentlichkeit zur beteiligung an einer „stadtfernsprecheinrichtung“ ohne resonanz geblieben war und im winter 1880 trotzdem schon mit dem bau einer telefonanlage begonnen wurde, bat heinrich von stephan, seines zeichens reichspostminister, die ältesten der kaufmannschaft von berlin, zwei mitglieder zu benennen, die als seine „agenten“ telefonierer werben sollten. einer der beiden war der spätere AEG-gründer emil rathenau und die aufgabe nicht leicht. die berliner witzelten über den neuartigen „fernsprecher“ und das von siemens & halske für 12 goldmark angebotene gerätepaar galt als technische spielerei. rathenau verschickte massenweise rundschreiben und beklagte sich, als die erhoffte wirkung ausblieb, dass „die einwohner unserer stadt neuen einrichtungen gegenüber stets ungewöhnliche kälte bewahrt haben“. schließlich konnte er im laufe des frühjahrs doch einige bequatschen: u.a. das berliner tageblatt, die national-zeitung und den berliner börsen-courier, bankhäuser wie mendelssohn & cie., firmen wie hermann gerson damenmoden, die spedition brasch & rothenstein, die fischbein- und rohrfabrik julius isaac, die internationale eisenbahn-schlafwagengesellschaft, ein paar börsianer, die delikatess- und weingroßhandlung f.w. borchardt und julius löwenstein vom indisch-chinesischen theehaus, beide in der französischen straße, und natürlich sich selbst – „rathenau, emil, ingenieur, eichhornstr. 5“.
das erste telefonbuch, offiziell „verzeichniss der bei der fernsprecheinrichtung betheiligten“, inoffiziell „buch der narren“ genannt, ein heftchen mit 32 seiten, erschien am 14. juli 1881. die teilnehmer bekamen es kostenlos und außer dem königlichen polizei-präsidium am molkenmarkt 1 war noch keine behörde dabei (auch nicht die post – wie sollte es anders sein:)
aber die skepsis und der spott gaben sich schnell. zum ende des jahres hatte das neue medium bereits 458 eingetragene freunde, vier jahre später 4000, um 1900 über 100000 und dann hab ich aufgehört, zu zählen.

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