Teresa Ries‘ Hexe

teresa feodorowna ries, geboren am 30. januar (lt. ries 1878, lt. lexika 1874, lt. reisepass und diversen urkunden 1866) in moskau, erregte zu ihrer zeit großes aufsehen mit ihren skulpturen… 

ries, die aus einer begüterten jüdischen familie stammte und mit der tochter tolstois ein französisches pensionat in moskau besucht hatte, war wegen aufmüpfigkeit aus der moskauer akademie der künste geflogen und hatte ab 1894 in wien privat weiter studiert, da frauen hier noch nicht zum studium zugelassen wurden. 1896 dann provozierte ries einen skandal. sie stellte ihre skulptur „hexe bei der toilette für die walpurgisnacht“ (zweites foto) in der frühjahrsausstellung im wiener künstlerhaus aus. schon als sie sich dort die aufstellung ihrer arbeiten ansehen wollte, wurde sie gleich am eingang beschimpt: „man sollte ihr den eintritt verbieten. wie kann sie sich unterstehen, aus einem edlen marmor eine so scheußliche fratze zu machen?!“, erinnerte ries einen aufgebrachten herrn. zu der ungeheuerlichkeit, dass hier eine frau ausstellte, kam also das sujet. kein nettes fräulein, sondern eine wilde nackte. ries-fan stefan zweig: „(…) das lüstern-erwartungsvolle lächeln, das von den teuflischen orgien träumt, die sinnlichkeit, die sich kaum zurückhalten läßt, eine schwüle, verwirrende, satanistische stimmung verwirklicht sich alles in dieser einen gestalt.“ 
geschadet hat ihr die „hexe“ nicht. ries wurde schlagartig berühmt, durfte auf einladung gustav klimts bald auch in der secession ausstellen und bei zwei weltausstellungen. 
der prinz von liechtenstein stellte ries eine große suite als atelier in seinem palais liechtenstein zur verfügung und trotz der skepsis gegenüber frauen im kunstbetrieb war es total angesagt, sich von ihr nachbilden zu lassen. auch mark twain nutzte die gelegenheit, als er 1898 wien besuchte und stefan zweig orakelte 1902: „sie kann für die plastik vielleicht noch das gleiche werden, was charles baudelaire für die literatur bedeutet (…).“
dass heute kaum noch arbeiten von teresa ries  erhalten sind und ihr name nur noch wenigen bekannt ist, liegt daran, dass die nazis ihr studio 1938 „arisiert“ und den großteil ihrer werke als „entartete kunst“ zerstört haben. ries floh in die schweiz und starb 1956 in lugano.

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