Der stärkste Mann der Welt

#superman siegmund breitbart (*22.2.1893), war in den 20ern als „stärkster mann der welt“ der jüdische posterboy schlechthin. eine wahnsinnskarriere für einen, der als sische chaijm ben jizchak halevi und sohn eines armen schmieds in łódź geboren wurde. sische fliegt als jugendlicher aus der jeschiwe und tingelt mit einem wanderzirkus durch die lande, bis der circus busch 1920 auf ihn aufmerksam wird. trotz des gärenden antisemitismus wird der „jüdische samson“ in kürzester zeit zur hauptattraktion des hauses. von wien bis berlin geraten juden wie nichtjuden, männlein wie weiblein ins sische-fieber. seine schier unglaubliche kraft und das gespür für showeffekte aller art machen ihn zu einer ikone. der gut proportionierte sische präsentiert sich mal im hautengen anzug, mal als zenturio (auf einem von vier pferden gezogenen streitwagen), als stierkämpfer, cowboy usw. er gibt „den lebenden steinbruch“, zerbeißt ketten, verbiegt eisenstangen, zerbricht hufeisen, trägt elefantenbabys leitern hoch oder läßt sich ein vollbesetztes auto auf dem brustkorb parken. der „stärkste mann der welt“ wird auf postkarten, in liedern und filmen gefeiert. „von keinem anderen ist die rede“, schwärmt ein reporter; ein wiener gastwirt klagt: „dieser breitbart-rummel bringt mich noch zur verzweiflung! meine tische sind mit löchern förmlich besät, da meine gäste ihre kräfte erproben wollen und wie breitbart mit der flachen hand nägel in die tischplatten schlagen“.
dabei macht breitbart nie ein hehl aus seiner herkunft. auf vielen seiner kostüme und accessoires prankt ein fetter davidstern, bei gefährlichen nummern läßt er die melodie des „kol nidre“ spielen, er unterstützt zionistische aktivitäten in palästina, spendet für die jüdische wohlfahrt, fordert seine glaubensbrüder auf, sich zu wehren („wenn ich einem antisemiten begegne, warne ich ihn fair, wenn er bei seiner meinung bleibt, zerbreche ich ihn in zwei teile wie ein streichholz“) und ist mit seinem selbstbewußten auftreten der schwarm von generationen junger juden
1923 setzt der „iron king“ seinen siegeszug in amerika fort. er tritt am broadway und vor über 85000 zuschauern im new yorker hippodrom auf und zieht zb. einen wagen mit 50 personen mit seinen zähnen durch die straßen von washington (zweites foto). auch wenn sich hier presse und publikum ebenfalls vor begeisterung überschlagen, kehrt er ein gutes jahr später mit frau emilie und adoptivsohn oskar nach europa zurück. 
1925 rammt sich der unbesiegbare bei einer aufführung in polen versehentlich einen rostigen nagel ins bein, eine scheinbar lapidare verletzung. doch das knie entzündet sich. sische wird in der berliner charité zehnmal operiert, man amputiert ihm ein bein, er stirbt trotzdem. die jüdische zeitung „die wahrheit“: „dienstag nachmittag wurde auf dem friedhof falkenberger chaussee [witticher straße/weißensee] breitbart zu grabe getragen. da er gesetzestreu war, wurde die bestattung von der gemeinde adaß jisroel übernommen. unter den trauergästen, die nach tausenden zählten, bemerkte man viele hervorragende künstler sowie zahlreiche orthodoxe juden. am offenen grabe hielt rabbiner dr. hildesheimer dem unter tragischen umständen jung verstorbenen artisten einen ergreifenden nachruf, in welchem er ihn auch als stolzen, aufrechten juden feierte.“
werner herzog hat die geschichte in dem (zu recht gefloppten) film „invincible“ verarbeitet; nachhaltiger war, dass jerry siegel und joe shuster als neunjährige – der eine 1923 in clevleand, der andere 1924 in toronto – breitbarts show „superman of the ages“ besucht hatten… und ihn später zu einer comicfigur machten, die heute noch jeder kennt.

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