Die Tochter

swetlana stalina, *28. februar 1926, war das jüngste kind von josef stalin und nadeschda allilujewa, die starb, als swetlana sechs war. ob sie sich erschossen hat oder ermordet 
wurde, ist bis heute nicht geklärt. (stalin hatte außerdem zwei söhne: jakow starb 1943 im kz sachsenhausen, weil sein vater sich geweigert hatte, den in kriegsgefangenen sohn gegen generalfeldmarschall paulus auszutauschen; wassili war general, dem alkohol verfallen, saß nach dem tod seines vaters ein paar jahre in sibirien und starb 1962). 
die halbwaise swetlana jedenfalls wuchs mit ihrem deutschen kindermädchen karolina thiel im kreml und in der datsche ihres vaters bei moskau auf, zwischen seinen gefolgsleuten wie berija, bucharin und budjonny. der eine brachte ihr igel mit, der andere das radfahren bei, der dritte spielte ihr auf dem akkordeon vor…
stalin, der seine tochter wohl auch geliebt hat, benutzte sie auf fotos gern zur selbstdarstellung. und es gab einen swetlana-hype. zigtausende sowjetische mädchen und ein parfum wurden nach ihr benannt. als sie etwas älter war und ihren eigenen kopf bekam, war es mit dem ungetrübten verhältnis zwischen vater und tochter vorbei.
mit 16 verliebte sie sich in den drehbuchautor alexej kapler, der für einen kuss, den er ihr gab, von papa für zehn jahre nach sibirien verbannt wurde (ihrer auskunft nach, weil er jude war und ihr paranoider vater ihn außerdem für einen spion hielt). ein jahr später fiel ihr auge auf ihren kommilitonen grigori morosow, wieder ein jude. diesmal gestattete der vater zwar widerwillig die heirat, erklärte aber, der kerl solle ihm niemals unter die augen treten. 1945 kam ihr sohn jossif auf die welt; 1947 ließ sie sich scheiden. swetlana heiratete nun den chemiker juri schdanow, bekam die tochter jekaterina, „katja“, und ließ sich wieder scheiden. (laut ihrer nichte und ihr freundin hat es noch eine dritte ehe gegeben, mit iwan swanidse, dem stalins leute die eltern getötet hatten, aber die hat sie selbst später nie erwähnt.)
nachdem „väterchen stalin“ 1953 gestorben war, nahm swetlana den nachnamen ihrer mutter (allilujewa) an und arbeitete als literaturwissenschaftlerin und übersetzerin. als sie sich in den indischen übersetzer radsch bridschesch singh verliebte, verbot alexander kossygin, der nach dem sturz chruschtschows gerade ministerpräsident geworden war, die heirat. sie zog mit ihren kindern trotzdem mit singh zusammen, aber der war bereits krank und starb bald darauf. im dezember 1966 durfte sie seine asche seiner familie nach indien bringen. es war ihre erste reise in den westen. zwei tage vor dem geplanten rückflug entwischte sie ihren bewachern und bat in der us-botschaft in delhi um asyl. kossygin drehte durch. er schmiss kgb-chef semitschastny raus weil der für die visumserteilung verantworlich war und bezeichnete swetlana als „krank und moralisch instabil“; die „literaturnaja gaseta“ nannte sie einen „judas ischariot nach der gehirnwäsche“. 
im april 67 kam stalins tochter in new york an. der medienrummel war enorm. ihr vater sei ein „moralisches und geistiges monster“ gewesen, sagte swetlana der presse, ein gemeiner tyrann, der ihr leben zerstört hätte und sie wäre froh, dem allen nun entkommen zu sein…
in den usa schrieb sie zwei autobiografische bestseller, in denen sie u.a. die saufgelage im kreml beschrieb und ihren vater korrekt für die ermordung der polnischen elite 1940 in katyn verantwortlich machte. die vielen details aus dem inner circle kosteten sie die sowjetische staatsbürgerschaft. immerhin hatte sie so viel mit den büchern verdient, dass sie in eine villa nach princeton ziehen konnte. dort heiratete sie 1970 den architekten william peters, bekam mit ihm eine weitere tochter, olga, und ließ sich (in schöner regelmäßigkeit) nach zwei jahren wieder scheiden.
richtig heimisch wurde sie in amerika nicht. sie hatte zwei kinder in moskau zurückgelassen, fühlte sich immer als gefangene ihres namens bzw. des namens ihres vaters und mied russische emigrantenkreise. in den achtzigern zog sie wieder nach europa und schickte olga auf eine schule in cambridge. 17 jahre nach ihrer flucht reiste sie 1984 zum ersten mal wieder in die sowjetunion, wo inzwischen tauwetter herrschte, und lernte ihre enkelkinder kennen. sie blieb eine zeit in der alten datsche bei moskau und in tbilissi. dann kehrte sie nach england und endlich in die usa zurück und verkündete, nie wieder russischen boden betreten zu wollen. zuletzt (sie starb 2011), lebte swetlana stalina als lana peters in einem altenheim in wisconsin.

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