
yolla niclas hat nicht mal einen eigenen wikipedia-eintrag (stand 2019). wenn überhaupt, ist sie allenfalls als geliebte und muse alfred döblins bekannt. doch niclas war eine wunderbare fotografin, auch wenn man lange graben muss, um heute noch bilder von ihr zu finden.
charlotte niclas wird am 24. februar 1900 in einer liberalen jüdischen kaufmannsfamilie am berliner holsteinufer geboren. ihre eltern, arthur und jenny, erlauben ihre eine dreijährige fotografieausbildung an der frauenbildungsstätte lette-verein (bekannter berliner spruch: „willste wat fürs bette, geh zu lette!“) in schöneberg. 1921, die ausbildung gerade fertig, lernt sie über alexander granach den romancier döblin kennen und wird seine langzeitgeliebte (der verheiratete döblin nennt sie „yolla“, beschreibt sie als „erlösende frauengestalt“ und „enthusiastische und diskrete, intuitive sensible schwesterseele“).
niclas ist die „hausfotografin“ der döblins, deren kinder sie „tante yolla“ nennen. sie eröffnet ein eigenes atelier am kurfürstendamm, gestaltet titelseiten für ullstein und mosse (später auch für wahlkämpfe der spd) und ist erfolgreich mit werbe- und porträtfotos; so manches ihrer „modelle“ könnte aus dem roman ihres liebsten – „berlin alexanderplatz“ – stammen). bis 1933. „dann durften juden“, schreibt sie später, „sich in dem kleinen park nahe der pariser straße, wo wir jetzt wohnten, nicht mehr auf die bänke setzen…“ (laut adressbuch lebt sie zu der zeit in der schlüterstraße).
als studenten sie zu drangsalieren beginnen, ihre kamera demolieren und döblin nach paris flieht, beschließt auch yolla nach paris zu gehen. sie kann sich dort – so wie in berlin – bald gut als fotografin über wasser halten. doch nach der deutschen besetzung wird sie 1940, zusammen mit dem anwalt rudolf sachs, den sie gerade geheiratet hatte, verhaftet und in gurs interniert. das paar kann aus dem lager fliehen und über umwege 1941 in die usa emigrieren. (1945 sieht sie hier döblin noch ein letztes mal wieder, bevor der zurück nach europa geht.)
ihre ersten fotos in amerika macht sie, noch völlig mittellos, mit einer geschenkten kamera, aber lernt bald alfred stieglitz kennen, der ihr talent erkennt und sie fördert. ihre bilder werden in großen zeitungen wie harpers bazaar veröffentlicht; zuletzt, sie stirbt 1977, gestaltet sie kinderbücher.
wer mehr wissen will: eckhardt köhn hat ihr leben und werk als erster ausführlich gewürdigt: „yolla niclas und alfred döblin“ (edition luchs 2017)
