Überall Bakterien

Überall Bakterien!

Nee, ick sag’ schon! Von Bakterien
Hat man früher nischt jewußt,
Da war’s Essen noch ’ne Freude
Und det Trinken war ’ne Lust;
Aber seit man die Bazillen
Und dergleichen Zeugs erfund,
Is der Mensch total jeliefert,
Allens is jetzt unjesund.
Les’ ick da, det äußerst jiftig
Heutzutag Va n i l l e n – E i s ;

Früher aß man’s mit Verjnügen
Jeden Sommer massenweis’;
He u t e is selbst die Vanille
Vom Bazillenherd bedroht,
Schmecken dhut se ausjezeichnet,
Aber nachher is man d o t .

J r ü n e A a l e , sonst det Beste
Wo der Mensch nur haben kann,
Sind nu ooch nich zu jebrauchen,
Seit der Fischbazillus dran;
Ißt se eener mit Verjnügen
An der Spree zum Abendbrod,
Liejt er jleich in letzten Zügen, –
Zehn Minuten später: d o t .

K r e b s e , rechte scheene, jroße!
Wie jesund det früher war!
Heute jibt es Krebsbazillen
In dem Oderkrebs sogar;
Hat man sechs Stück ufjeprepelt,
Denkt man jleich: Schockschwerenot,
Warum is mich denn so übel?
Nächsten Morgen is man d o t .

Ooch det Atmen is jefährlich;
Wenn ick gut dir raten kann,
Mitmensch, atme nich zu ville,
Sieh dir erst die Luft mal an;
Kommst de in so’n Pilzjewimmel,
Hilft dir keen Karbol und Jod,
Ziehste in den janzen Schimmel,
Fällste um un biste d o t .

Holste dir ’nen netten Schmöker
Aus de Leihbibliapothek’,
Kriegste gleich ’n Schock-Milliarden
Von Mikroben uf’n Weg;
Kommste uf de vierte Seite,
Wirste im Jesichte rot,
Uf der fünften kriegste’s Fieber,
Bei der sechsten biste d o t .

Det ick mit de Hochbahn rutsche
Kommt mir niemals in den Sinn;
Nee, in die Bazillenkutsche
Da kriegt mir keen Deibel rin!
Steigste in fidel und munter,
Pletzlich spürste Atemnot,
 Fährste bis zum Zoo hinunter
Steigste aus und biste d o t .

Nee, ick sag’ schon! Von dem Leben
Hat man jarnischt, wie Verdruß,
Weil man die verfluchten Dinger
Immerzu verschlucken muß!
Alle Dage muß man lesen,
Wie det Kleinzeug uns bedroht,
Und wir jroßen Lebewesen
Fallen um – schwapp – m a u s e d o t !

*alexander moszkowski (1851–1934) kam aus einer jüdischen familie in polen, lebte aber seit den 1870er jahren in berlin und schrieb populärwissenschaftliche bücher und texte für diverse satirezeitschriften. in seinem utopischen roman „die insel der weisheit“ von 1922 gibt’s auch schon mobiltelefone und medienkriege.

_dazu: www.heise.de/tp/features/Alexander-Moszkowski-3404060.html 

_einige seiner werke online: www.projekt-gutenberg.org/autoren/namen/moszkows.html

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