
elsa bienenfeld (*23. august 1877) ist die erste frau, die an der uni wien das fach musikwissenschaften absolviert und darin 1904 promoviert (ihre schwester bianca war eine der ersten gynäkologinnen österreichs). ausgebildet u.a. bei alexander von zemlinsky und arnold schönberg, schreibt sie über 25 jahre lang kritiken für musikalische fachzeitschriften, setzt sich für die zweite wiener schule ein, bekennt sich zur reformpädagogik, „entdeckt“ den komponisten erich w. korngold und ist auch die erste frau in österreich, deren rezensionen namentlich gekennzeichnet sind.
der schriftsteller kurt sonnenfeld 1921: „auf mädchenhaft zarten schultern trägt dr. elsa bienenfeld, die als musikreferentin des nwj [„neues wiener journal“] und als musikschriftstellerin wohl eine der bedeutendsten erscheinungen innerhalb der wiener publizistik ist, die last ihres verantwortungsvollen berufes, der zwischen wissenschaft und kunst die mitte hält. sie verwaltet ihr kritisches amt nicht, um zensuren auszuteilen, sondern um der kunst zu dienen, und läßt sich auch, was bei frauen besonders anerkennenswert ist, niemals durch übel angebrachte sentimentalität dazu beeinflussen, eine minderwertige künstlerische leistung etwa aus mitleid nachsichtiger zu beurteilen.“
der jude kurt sonnenfeld begeht unmittelbar nach dem „anschluss“ 1938 selbstmord. die jüdin elsa bienenfeld will aus österreich fliehen, wird aber 1939 wegen devisenvergehens angeklagt und verhaftet: sie hat fünf goldene knöpfe aus ihrem familienbesitz überhäkelt, an eine alte jacke genäht und die in einem päckchen an eine freundin in die schweiz geschickt! nach fünf monaten haft wird die wissenschaftlerin wegen „geistesschwäche“ „beschränkt entmündigt“ und ihre umfangreiche fachbibliothek beschlagnahmt. 1940 wird sie aus ihrer wohnung geworfen, muss 1941 nochmals umziehen in eine „judenwohnung“, wird am 20. mai 1942 in das kz klein trostinetz bei minsk deportiert und dort am 26. mai ermordet. #sachor
