Rongorongo

am 5. april 1722, es war ein ostersonntag, landete der niederländische seefahrer jakob roggeveen als erster europäer auf der insel rapa nui im südostpazifik und nannte sie (überraschung): osterinsel. seinen nachfolgern ist es zu verdanken, dass die polynesischen insulaner, die nach radiokarbon-messungen um 690 u.z. (± 130 jahre) die insel besiedelt hatten, durch grippe, syphilis, pocken, lepra, menschenjagden und die störung des ökologischen gleichgewichts schon hundert jahre nach der entdeckung so gut wie ausgestorben waren. hinterlassen haben sie die bekannten – „moai“ genannten – riesigen steinstatuen und eine lustige schrift, die mit keiner einzigen anderen schriftart auf der welt vergleichbar ist: rongorongo.
für alle, die immer meckern, dass hebräisch lesen schwer sei: rongorongo wird zwar von links nach rechts gelesen, aber am ende der zeile muß man die schrifttafel um 180 grad drehen, weil’s gegenläufig auf dem kopf weiter geht, und zwar von unten nach oben, d.h. der anfang des textes ist unten links. gefällt mir.leider ist die schrift bis heute nicht wirklich entziffert, weil es keine vergleichsmöglichkeiten gibt. obwohl die zeichen, die mit obsidiansplittern oder haifischzähnen in tafeln aus dem holz des portia- oder des torominobaumes eingraviert wurden, etliche reale objekte zeigen (menschen, tiere, gestirne, pflanzen, boote, häuser, speere, körperteile von phallus bis hand usw.) sind sie keine 1:1-piktogramme, meinen also nicht unbedingt nur das, was sie abbilden. es gibt etwa 600 glyphen, die sich auf 120 grundbestandteile reduzieren lassen. einige ethnologen gingen davon aus, dass die zeichen nur europäische schriftzeichen nachahmen. sehr viel wahrscheinlicher ist, dass es sich um eine art eigene steno-schrift oder gedächtnisstütze handelt – weil die priester- und adelskaste ihr wissen an wenige ausgewählte schüler mündlich weitergab, und diese die religiöse gesänge fehlerfei vortragen können mussten. so wird bei den inhalten, soweit man das bisher sagen kann, angenommen, dass sie zb. den mondkalender und schöpfungsmythen abbilden. dass die entzifferung schwierig ist, liegt auch daran, dass es nur wenige tafeln gibt. die europäischen missionare haben sie schon im 19. jh. systematisch aufgespürt und als teufelszeug verbrannt. symptomatisch auch, dass sich keine einziges der 25 erhaltenen objekte noch auf der osterinsel befindet. sie sind im besitz diverser museen von rom bis new york oder in privater hand. das berliner exemplar, ein etwa ein meter langes krummes holzstück, das vermutlich ursprünglich teil eines kanus war, ging schon 1883 über den archäologen wilhelm geiseler und den deutschen konsul in valparaiso als schenkung an das königliche museum für völkerkunde in dahlem.

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