Rudolf, Ernst, Arthur, Erwin

die ersten ermordeten juden in einem kz.

am 22.märz 1933 war das lager dachau eröffnet worden, am 12. april 33 waren rudolf benario, ernst goldmann, arthur kahn und erwin kahn tot… rudolf benario (24) hatte gerade seine promotion in volkswirtschaft abgeschlossen, er war jungsozialist und engagierte sich in fürth und nürnberg in der kpd. der „fürther anzeiger“ meldet am 10.3.33: der „…sattsam bekannte kommunistische winsler und jude benario [wurde] in schutzhaft genommen“.
ernst goldmann (24) war kaufmann und wie benario mitglied im fürther kanuklub. er schrieb artikel in der stadtzeitung „rotes signal“, u.a. gegen prügelnde lehrer und ihre „faschistischen erziehungsmethoden“. 1931 war er bei einer verbotenen kpd-versammlung gegen den § 218 in der gastwirtschaft „goldenes lamm“ verhaftet worden und trotz freispruchs seitdem als „politischer unruhestifter und kommunistischer aufwiegler“ erfasst.
arthur kahn (21), medizinstudent in würzburg, war hingegen nur mutmaßlicher kommunist. die studentenschaft an der uni hatte gegen jüdische studenten gehetzt und er eine einzige politische veranstaltung besucht – ausreichend, um auf der schwarzen liste der polizei zu landen und bei einem besuch in nürnberg verhaftet zu werden.
erwin kahn (32), kaufmann in münchen, hatte sich nie politisch betätigt; verhaftet wurde er von einem SA-mann auf der straße, als sich dort andere bei einer flaggenhissung der SA prügelten.
alle vier waren opfer der verhaftungswelle, die unmittelbar nach der gleichschaltung bayerns im märz 1933 begann und für die SA und polizei dankbar die noch in der weimarer zeit erstellten listen politisch aktiver nutzte.
dass eine herkunft aus „gutem hause“ oder die tatsache, dass man sich im sinne der neuen herren nichts hatte zuschulde kommen lassen, nicht helfen würde, war 1933 noch kaum jemandem klar, auch nicht den vier jungen männern. war benario doch der sohn des angesehenen redakteurs der frankfurter zeitung, leo benario und enkel des geheimen kommerzienrates ignaz bing; hatten ernst goldmanns eltern, siegfried und meta, doch ein bekanntes schuhgeschäft in fürth; und schrieb erwin kahn noch aus dachau an frau und eltern: „angst braucht ihr keine zu haben… ich habe nur einen wunsch, daß ich endlich verhört werde, um alles klarzustellen. ich war in keiner partei und bin kein kapitalist, was kann man denn von mir schon wollen.“…
am 12. april wurden die vier vom wachkompanieführer hans steinbrenner zum reinigen von mülleimern aus dem block II/1 geholt. der SS-mann habe so lange wahllos mit einem ochsenziemer auf sie eingeschlagen, bis sie aus mund, nase und anderen körperteilen blutend zusammengebrochen waren (aussage des mithäftlings ludwig scharnagel). abends nach dem appell sei steinbrenner erneut in der baracke erschienen und hätte den vieren befohlen, ihm zu folgen und spaten mitzunehmen (aussage des mithäftling ludwig schmidt). steinbrenner ließ sie zum schießplatz im wald marschieren und überließ sie dort den SS-männern hans brunner und max schmidt sowie sturmführer robert erspenmüller. die führten die häftlinge noch tiefer in den wald und streckten sie dort mit mehreren pistolenschüssen nieder (bezeugt durch polizeileutnant emil schuler, ausbilder der wachmannschaften). benario, goldmann und arthur kahn starben auf der stelle, erwin kahn vier tage später in einem münchner krankenhaus – ob an seinen zwei kopfschüssen oder als lästiger zeuge von seinen SA-bewachern erwürgt, konnte nie abschließend geklärt werden.
offiziell waren die männer ohnehin „auf der flucht erschossen“ worden, auch wenn die kugeln sie von vorn getroffen hatten. der zuständige staatsanwalt josef hartinger stellte die ermittlungen auf druck der SS ein. die mörder wurden nie bestraft.
arthur und rudolf wurden auf dem neuen jüdischen friedhof nürnberg beigesetzt, erwin auf dem alten und ernst auf dem neuen israelitischen friedhof münchen. #jedermenschhateinennamen

bild: oben rudolf benario (l.), arthur kahn (r.); unten ein strafbefehl für ernst goldmann und eine meldung aus yad vashem (mit falschen daten) für erwin kahn – weil ich von den beiden kein foto finden konnte.

Hinterlasse einen Kommentar