
in marokko gibt es überall jüdische zeugnisse, gräber berühmter rabbiner, friedhöfe, synagogen. auch die einstigen jüdischen stadtviertel (mellah = salz), vor allem in essaouira, marrakesch und fes, sind noch original erhalten. wer das nicht weiß, wird die spuren vielleicht kaum bemerken. hier ein schmuckstück mit einem „chai“ oder eine ausparung für eine mesusa, ein verwitterter steinerner davidstern und da ein haus mit balkonen und fenstern zur straße, zwischen den gewöhnlich fensterlosen arabischen häusern… zudem haben sich juden, berber und araber fleißig gemischt, und sind auch sprachlich und kulturell, bis auf religiöse rituale, kaum zu unterscheiden.
juden sind schon mit den phöniziern als händler hierher gekommen. etliche berberstämme sind zum judentum übergetreten (bevor mohammeds truppen marokko erreichten und die berber zwangsislamisierten). auf dem land haben jüdische und berberstämme 2000 jahre lang den boden nebeneinander bearbeitet, in den städten gab es jüdische kaufleute und finanziers, die von den herrschern geschätzt und geschützt wurden. mit der vertreibung aus spanien kamen neue juden ins land, sephardim, die schnell zur intellektuellen und kulturellen elite der juden des landes wurden und in der bevölkerung bis heute berühmt sind v.a. als silberschmiede und juweliere.
vor dem 2. weltkrieg gab es über 225000 juden. mohammed v. schützte seine landsleute vor der deportation, überliefert ist seine antwort an die deutschen bzw vichy: „in marokko haben wir keine juden, wir haben nur marokkanische bürger.“ aber nach dem krieg wanderten die meisten nach israel aus. nach der unabhängigkeit 1956 haben die regierenden alaouiten diese politik fortgesetzt. shimon peres war der erste israelische minister, der nach marokko, also in ein muslimisches land eingeladen wurde. und ich erinnere mich, dass zum meiner zeit der damalige könig (hassan II.) die synagoge besuchte und zu rosch haschana seine grußbotschaft an die juden des landes in den zeitungen abdrucken ließ. sein sohn mohammed VI hat auch den jüdischen berater seines vaters übernommen, andré azoulay. 2011 bekam die jüdische religion und das jüdische kulturerbe und der schutz beider einen eigenen passus in der verfassung. und als 2013 die restaurierte slat-al-fassayine-synagoge in fes wiedereröffnet wurde (damals war auch lammert da), wiederholte der könig seine message zu religionsfreiheit, toleranz und spiritueller vielfalt.
heute leben 5 bis 6000 juden in marokko, fast alles ältere herrschaften und fast die hälfte aller in casablanca. dort gibt es noch über zehn synagogen (nicht alle in betrieb) und das einzige jüdische museum im arabischen raum. man konnte vor 30 jahren mit davidstern in marokko herumlaufen und kann es jetzt, anders als in neukölln.
