„Die Nazimova“

nazimova möcht man als jüdin ja auch nicht unbedingt heißen, hab ich mir bei dem namen gedacht. aber ohne ihren namen wär sie mir auch nicht aufgefallen. alla nazimova (1879–1945) war die bedeutendste ibsen-darstellerin ihrer zeit und ein us-stummfilmstar, in hollywood nur „die nazimowa“ genannt. den nachnamen hat sie sich von der heldin der russischen novelle „kinder der straße“ geliehen. eigentlich hieß sie mariam edez adelaida (alla) lewenton, war die tochter des apothekers jakow abramowitsch lewenton und seiner frau sofia lwowna horowitz – beide sepharden – aus jalta. sie hat in odessa musik studiert, bei stanislawski in moskau schauspiel, ist dann als schauspielerin durch russland getingelt und ging 1904 in einer theatertruppe mit dem pro-zionostischen drama „das auserwählte volk“ auf tournee (das in rußland verboten war), unter anderem nach berlin, dann nach new york, wo das stück so erfolgreich war, dass sie in den usa blieb. ihre truppe machte sich mit russischsprachigen uraufführungen von gorki, tschechow, turgenjew und strindberg einen namen. dann lernte nazimowa englisch und wurde ein gefeierter broadway-star, vor allem durch ihre rollen in ibsenstücken – nora, hedwig, hilda, hedda gabler…
die nazimowa hat aber auch reichlich filme gedreht. der erste 1916 war die adaption eines pazifistischen schauspiels: „war brides“ von herbert brenon und lewis o. selznick. es folgten jede menge rollen als selbstbewusste, exzentrische, freizügige frau.
über den film „billions“ gibt es auch eine deutsche kritik: „amerika hat die kleinen mädchen, die broadway-fflanzen, die faszinierend ‚schönen‘ frauen, die gleichmäßige anmut. da platzt eine nazimova wie eine bombe hinein: sie ist gar kein kleines mädel, sie ist nicht faszinierend schön, sie hat vor allem keine ‚natürliche‘ anmut. die nazimova ist raffinierte mache, ist europäisch dekadent, ist im grunde genommen stilisierter bluff… und gerade dadurch ist sie ein stückchen naturwunder…“ (die filmwoche 26/1924).
alla nazimowa, die sich ständig mit der filmindustie in hollywood angelegt hat, produziert auch selbst filme, u.a. eine hypermoderne „camille“ nach dumas mit rudolph valentino und ihr selbst (1921) und die genauso avantgardistische „salomé“ nach oscar wilde (1923), die, so wurde werbewirksam behauptet, von einer hundertprozent schwulen truppe produziert und gespielt wurde, mit aufwändigsten art-deco-kulissen und kostümen von natasha rambova, der späteren frau von valentino – der film gilt als der erste amerikanische kunstfilm (https://youtu.be/lYbJmDzRH68). allerdings war die nazimowa danach pleite. 
ihre letzten filme sind fast durchgängig anti-nazi-streifen – in „escape“ (1940) mit conrad veit flieht sie aus einem kz, in ihrem letzten film „since you went away“ bzw. „als du abschied nahmst“ (john cromwell/david o. selznick, 1944), einem epos über die amerikanische heimatfront, spielt sie eine russische emigrantin.
zum schluß ein bißchen klatsch: die nazimowa war zwei oder dreimal verheiratet plus irgendwelcher schein-ehen und vermutlich bisexuell. zumindest wurden ihr affären mit zahlreichen kolleginnen und autorinnen nachgesagt, u.a. zu beiden ehefrauen von rudolph valentino. sie soll auch den begriff „sewing circle“ als code für lesbische schauspielerinnen eingeführt haben. sicher ist, dass in ihrer villa am sunset boulevard, genannt „the garden auf alla“, die ausgefallensten partys gefeiert wurden und dass sie die taufpatin von nancy reagan war.

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