Kiezhaus

das älteste erhaltene wohnhaus von charlottenburg. die stadt war 1705 von friedrich I. gegründet worden, der sich auch gleich zu ihrem bürgermeister deklarierte und schlossbaumeister eosander von göthe beauftragte, ein verbindliches muster für die zu errichtenden bürgerhäuser und einen bebauungsplan vorzulegen. weil ihm entwicklung der neuen stadt dann aber zu langsam voran ging, erließ friedrich 1711 noch eine verordnung, nach der handwerker, die von aufträgen des hofes profitierten, aber nur zur miete wohnten, eine „bürgerstelle” anzunehmen und zu bebauen hatten. der goldschmied gottfried berger, der beim schlossbau beschäftigt war und beim kammertürken aly in der schlossstr. 4 wohnte, ließ sich daraufhin 1712 von stadtmauermeister müller und stadtzimmermann henke in der damaligen deichstraße dieses (fachwerk)haus mit mittelflur und werkstatt im seitenflügel bauen. der name der straße (deich/teich) bezog sich wahrscheinlich auf das nahe sumpfgebiet, später wurde sie nach den verkaufswagen der händler, die hier ihre waren anboten (außerdem gab es holzbuden, wo fleisch und brot verkauft wurde), in scharrenstraße umbenannt; heute trägt sie den namen des früheren charlottenburger bürgermeisters kurt schustehrus.

nach herrn berger hatte das heutige grundstück nr. 13 noch viele besitzer: den bierbrauer georg vincke (1721), den lichtzieher johann christian rese (1747), einen martin friedrich reichenkrohn (1751), einen georg friedrich brehme (1770), den offizier ludwig christian von der lage (1797), der das fach- durch ein mauerwerk ersetzen ließ, dann johann michael wegener (1805), henriette louise von haake und carl ludwig holzapfel (1807), und den tischlerneister carl friedrich wilhelm zeitler (1815), der im ehemaligen pferdestall und der remise im quergebäude seine werkstatt einrichtete. 
aus dieser zeit ist eine beschwerde an die polizei erhalten: die nachbarin, die witwe kühne, schreibt: “da dem herrn tischlermeister zeitler seine appartementsgrube dicht an meine grenze stößt, wo ich einen stall zu stehen habe, der dadurch sehr leidet, indem ich fortwährend wasser darin bekomme und so auch in meinem garten, wo sogar eine pfütze schon seit mehreren jahren befindlich ist, und mir das, was ich auf der dortigen stelle anpflanze jährlich ruiniert wird, so bitte ich ein hochwohlgeborenes polizei directorium um baldigen beistand…”. wie üblich in berlin passierte erstmal zwei jahre lang gar nichts, der stall war inzwischen verfault, und die behörde reagierte erst, als zeitler den unrat, der nicht mehr in seine senkgrube passte, auf die straße kippte. 
es folgten als besitzer johann friedrich klingenberg (1833), johann friedrich wilhelm eckmann (1843) und endlich sein sohn ernst paul ferdinand eckmann (1874), der hier zuerst eine schankwirtschaft betrieb, 1869 dann ein „tanz-institut“ gründete und das haus 1877 um ein zweistöckiges gebäude mit tanzsaal für 500 gäste erweitern ließ. er hatte hier außerdem ein „cigarren-geschäft“ und appartements. das grundstück blieb bis nach dem zweiten krieg in besitz der familie eckmann, die tanzsäle wurden durch bomben zerstört, übrig geblieben ist nur das bogenmauerwerk im garten. seit 1981 ist das haus baudenkmal. nach einem illegalen abrißversuch heiligabend 1983, den alarmierte nachbarn verhinderten, wurde das bereits teilweise zerstörte haus mit historischen techniken und baumaterialien rekonstruiert (die außenfassade entspricht dem zustand um 1800). heute gehört es der stadt und beherbergt das keramikmuseum. und gegenüber hat’s den besten eisladen von berlin.

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