Kleine Geschichte des Wasserkochens

als mein freund tomek seinen vermissten hamster gagarin nach drei tagen tot im teekessel wiedergefunden hatte, war meine große liebe zu pfeifkesseln in der 4. klasse mit einem schlag vorbei. wir haben gagarin samt kessel neben der teppichstange auf dem hof begraben. inzwischen hab ich das trauma überwunden; zeit für eine kleine geschichte des wasserkochens (+pfeife):

die mesopotamier benutzten schon 3500 v.u.z. bronzekessel mit henkel und tülle, um wasser schnellstmöglich zu erhitzen. in china wurden solche kessel ab etwa 1000 u.z. herum aus porzellan gefertigt; dort kam man auch als erstes auf die idee, wasser mit teeblättern zu aromatisieren; in europa fügten söldner dem wasser zum selben zweck weizen hinzu – der ursprung des malzbiers. hier setzten sich wasserkessel in der bekannten form aber erst im 17. jh. durch. sie waren aus eisen und man konnte sie direkt auf eine offene feuerstelle setzen oder darüber aufhängen. im 19. jh. gingen die kesselmacher dann dazu über, wegen der besseren leitfähigkeit, kupfer statt eisen zu verwenden.
der erste elektrische wasserkocher wurde 1883 bei der weltausstellung in chicago präsentiert, war aber sehr anfällig und setzte sich nicht wirklich durch. und bei dem verbesserten modell der carpenter electric company in chicago 1891 dauerte es noch über 10 minuten, bis das wasser kochte, weil sich das heizelement in einer separaten kammer befand. das problem lösten In den 1920ern ingenieure der swan company, die den heizstab in einem metallzylinder versiegelten und direkt im wasser platzierten. die wasserkocher, wie wir sie heute kennen, gibt es erst seit 1952, erfunden vom briten russel hobbs. und die automatische trennung des stromkreises nach erreichen des siedepunktes kam noch später, interessiert mich aber nicht weiter, weil das den pfeifkessel überflüssig gemacht hat, der schließlich der (mein) höhepunkt der kessel-evolution war.
und wem wir den nun zu verdanken haben, dazu gibts mehrere versionen. da ist charles coats, der 1890 ein patent für einen teekessel bekam, der schon eine pfeife hatte, allerdings sollte die sich nicht melden, wenn das wasser kochte, sondern wenn der wasserpegel im kessel zu niedrig wurde. ein weiteres patent bekam ein jorgen madsen 1915 für einen teekessel mit „signal“, über das ich nichts weiter finden konnte, und es gibt eine alte zeitungsmeldung, nach der ein harry bramson (der vorher abrahams hieß) aus london einen „whistling kettle“ erfunden hat und anschließend als gemachter mann nach amerika ging. und dann ist da noch sholom borgelman (der seinen namen später in borman änderte). er war besitzer einer kleinen blechbude im londoner east end und soll kurz nach dem 1. weltkrieg ebenfalls den oder einen teekessel erfunden haben, der einen ansteigenden pfeifton produzierte, wenn das wasser den siedepunkt erreicht hatte und dampf aufstieg. aber halt! es gibt da auch noch die erinnerungen des enkels eines bernie waxman, und der wird dort zitiert mit: „dieser mamser [bastard] borgelman hat mir meine idee geklaut und sie zum patent angemeldet, und was glaubst du, was er dann gemacht hat? er hat mich gefeuert, der mamser! ich hätte millionär werden können…“
das können wir also nicht abschließend klären. aber wer auch immer es war, seine erfindung war tatsächlich eine goldgrube – niemand brauchte mehr neben dem teekessel warten, bis das wasser kochte, jeder wollte einen und jeder kaufte einen, aus edelstahl oder billigem aluminium, bis die elektokocher aufkamen…
und jeder kennt diesen anheimelnd-nervenden ton, und ich wollte vor allem immer wissen, wie das pfeifen überhaupt zustande kommt, aber andererseits nicht fragen, um nicht als blöd dazustehen. aber nun bin ich etwas mit mir versöhnt, nachdem ich gelesen habe, dass es erst 2013 (!) zwei wissenschaftlern (!) aus cambridge (!) gelungen ist, ein modell vorzulegen, das den pfeifmechanismus erklären kann. wer mag: https://www.cam.ac.uk/research/news/how-the-kettle-got-its-whistle

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