
habt ihr euch auch schon mal gefragt, was baby jesus auf dürers „madonna mit dem zeisig“ in der hand hat? genau: einen lutschbeutel…
eltern haben schon zu allen zeiten nach abhilfe gesucht, wenn babys brüllten. einige archäologen meinen, dass die 4500 jahre alten kleinen tonfiguren mit löchern, die in ägypten gefunden wurden, mit honig gefüllte „saugtöpfe“ waren, die kindern wie ein schnuller zum ruhigstellen gegeben wurden (andere widersprechen dem mit hinweis auf den kieferzustand von untersuchten mumien und sind der ansicht, dass es sich bei den funden um reines spielzeug handelt).
die mit henkel und löchern versehenen tontierchen aus dem klassischen altertum waren dann aber definitiv schon zum dran nuckeln gedacht; man füllte sie mit einem süßen mus und hängte sie den kleinkindern an einer schnur um den hals.
schriftlich erwähnt sind beruhigende hilfsmittel zum saugen (den begriff schnuller gab es da noch nicht) erstmals 1473 in einem buch des augsburger arztes bartholomäus metlinger über kinderheilkunde („regiment der jungen kinder“).
jetzt kommen wir endlich zu den „lutschbeuteln“ oder -tüten. die kamen nämlich etwa zu dieser zeit in mode – mundgerecht zusammengebundene stoffläppchen oder pergamentstücke, die mit einem brei aus zb. mehl, brot, zucker, äpfeln, mohn oder honig gefüllt und bis weit ins 18. jahrhundert verwendet wurden. manche mütter tauchten sie auch noch zusätzlich in branntwein oder bier, um ihre ruhe zu haben, und in einigen kulturkreisen wurden fisch- oder fleischstückchen bzw. tierisches fett statt süßkram in die beutelchen getan.
daneben gab es beruhigungsmittel- oder ablenkungsmittel ohne „inhalt“, wie bei modernen nuckeln: arme kinder bekamen holz- oder tierknochen zum darauf herum kauen, reiche hatten polierte korallen oder elfenbein, die mit einem goldenen oder silbernen griff und manche auch mit kleinen glöckchen zum rasseln versehen waren.
die doch ziemlich unhygienischen „lutschbeutel“ wurden erst nach 1840 langsam durch die „wonnesauger“ abgelöst – die ersten nuckel aus kautschuk, die aber so hart waren, dass viele kinder schiefstehende zähne davon bekamen.
die form, wie wir sie kennen, nahm der schnuller erst im 20. jahrhundert an, nachdem der new yorker apotheker christian w. meinecke seinen „baby comforter“ oder „babytröster“ hatte patentieren lassen, der einen weichen kautschuk-„nippel“ und ein scheibenförmiges endstück hatte. anfangs wurden die schnuller aus schwarz, braun oder weiß gefärbtem gummi hergestellt (wobei der weiße blei enthielt und vermutlich nicht sonderlich gesund war). der gummi wurde dann allmählich von latex und silikon abgelöst; später ließ man sich zum schnuller noch einen ring einfallen und noch später eine gaumenfreundliche form. aber wilhelm busch besingt ihn noch in der form des guten alten lutschbeutels:
Der Schnuller
»Hier hast du ihn! Nun sei hübsch still,
Weil ich die Wäsche trocknen will.«
Dem Willi schmeckt der Schnuller süß,
Zwei junge Hunde sehen dies.
Der Willi spielt mit seiner Zehe,
Die Wespe lauert in der Nähe.
Schon krabbelt Schnupp, der eine Hund,
Ganz nah an Willi seinem Mund.
Er faßt mit Hast die süße Beute,
Und eilt von dannen voller Freude.
Nun kommt auch Schnapp, der zweite Hund,
Und leckt dem Willi seinen Mund.
Der Willi aber weinet sehr,
Denn er hat keinen Schnuller mehr.
Hier krabbelt er mit Händ‘ und Füßen
Zur Kanne hin, die zum Begießen.
Und sucht mit Mühe sich soeben
An dieser Kanne zu erheben.
Allein vergeblich ist sein Mühn;
Der kalte Guß kommt über ihn.
Hier läuft der Schnupp in großer Hast
Und hält den Schnuller fest gefaßt.
Schön schmeckt des Schnullers Süßigkeit;
Die andern zwei sind voller Neid.
Ein jeder möchte, sich zu laben,
Den Schnuller gern alleine haben.
Der Wespenstich macht keine Freude,
Die Hunde fliehen alle beide.
Die Wespe mit vergnügtem Sinn
Betrachtet sich als Siegerin.
Großmutter aber kommt allhier
Und kehrt hinweg das Stacheltier.
Sie trägt zu einem warmen Ort
Den Willi und den Schnuller fort.
Hier liegt und schwelgt er zum Beschluß
In ungestörtem Hochgenuß.
