Moka Efti


weil mir der name und die lokalität in „babylon berlin“ so gut gefiel, hab ich nochmal nachgegraben: das echte „moka efti“ gehörte zwar nicht zu den verruchtesten schuppen (1930 waren 899 lokale mit tanzkonzession in berlin registriert), spektakulär war es aber auch: ein kaffeehaus auf 2800 m² – zur leipziger straße hin lag ein tanzsaal mit palmen, zur friedrichstraße hin eine cafébar und eine konditorei in weißem marmor, dahinter, neben einem fischrestaurant, ein türkischer und ein ägyptischer salon mit maurischen bögen, wandgemälden, möbeln und teppichen wie aus 1001 nacht. die gänge zwischen den salons und der kaffeebar waren wie ein eisenbahnwaggon im orient-express gestaltet, durch die „zugfenster“, an denen „nicht-hinauslehnen!“-schilder klebten, waren alle möglichen landschaften zu bestaunen. 
der clou: die rolltreppe, die in die obere etage führte – eine der ersten rolltreppen in berlin überhaupt – viele gäste kamen nur, um einmal damit zu fahren. und in der beletage die nächste sensation: neben billiard- und schachsaal (geleitet von schachmeister rudolf elstner) gab es einen friseursalon und einen „korrespondenzraum“ mit postamt, in dem sekretärinnen darauf warteten, briefe für die gäste in die maschine zu hacken oder übersetzungsarbeiten zu erledigen. der „berliner herold“ textet im april 1929 begeistert: „die vielen stadtvertreter und kaufleute der city sind erlöst, eine tasse mokka mit musik beim rasieren – das ist endlich mal was neues. zeitersparnis, bequemlichkeit…“. 

der mann hinter dem ganzen unternehmen: der griechisch-italienische kaufmann giovanni eftimiades (herr „efti“), der im märz 1926 mit einem kleinen kaffeeladen und -ausschank in der leipziger straße 29 begonnen hatte („eine tasse mokka efti mit sahne 25 pfenning“), kurz nachdem er aus konstantinopel hierhergekommen war. 1929 übernahm er dann um die ecke, in der friedrichstr. 59, im palais equitable (heute steht hier das atrium-bürogebäude) ein ehemaliges café, dessen umbau zum „moka efti“ ihm britische geldgeber finanzierten. obwohl das lokal u.a. einen umsatz bis zu 25000 (!) tassen kaffee am tag gehabt haben soll, ging eftimiades durch den börsencrash 1929 erst einmal pleite und musste den laden verkaufen (die neuen besitzer behielten den namen bei). wenig später übernahm er aber das von oskar kaufmann 1926 gebaute, noch größere „café schottenhaml“ am potsdamer platz (bellevuestr. 11/viktoriastr. 37, heute kemperplatz). das hieß fortan „moka efti tiergarten“ und wurde einer der bekanntesten tanzpaläste, diesmal u.a. mit metalloxidierten ovalen tanzflächen, exotischen vögeln und wasser, das die wände herunter rieselte. hausband war das swingorchester von james kok. die band spielte im konzertsaal im ersten stock. damit die musik im tanzsaal im zweiten stock gut zur hören war, ließ eftimiadis hier einfach ein loch in den boden sägen. 
im nationalsozialismus versuchte sich das unternehmen, wie die anderen vergnügungspaläste auch, den neuen zeiten anzupassen. im februar 1934 gab es im „moka efti“ eine jubelfeier zum ersten jahrestag der machtübernahme der nsdap und nach dem dinner mit knollenselleriesuppe, schweinebraten und birnenkompott „drei siegheils für deutschlands führer und retter“. viel helfen sollte das nicht. ab 1938 waren swing und „negermusik“ verboten, im krieg dann auch öffentliche tanzvergnügen insgesamt.
1943 wurden beide moka-efti-etablissements von bomben zerstört. 1945 zog eftimiadis nach frankfurt/main und starb dort als armer mann.
(es gibt bessere bilder mit publikum, aber ich will mich nicht mit getty images anlegen:)

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