
andrej sacharow *21.5.1921, atomphysiker, menschenrechtler, nobelpreisträger (und noch immer eine „gefahr“: 2021 hat die moskauer stadtregierung die geplante open-air-ausstellung zu seinem 100. begründungslos abgesagt).
Es scheint mir, dass Wissenschaftler in der Lage sein sollten, Dinge aus einer universellen, globalen Position zu sehen, die höher als die selbstsüchtigen Interessen „ihres“ Landes und „ihres“ Volkes, höher als die Vorurteile „ihres“ Sozialsystems und „ihrer“ Ideologie ist.
Ich bin sicher, dass der Schutz der Menschenrechte die einzige Grundlage ist, die Menschen ungeachtet ihrer Nationalität, ihres politischen Glaubens, ihrer Religion oder ihres sozialen Status vereinen kann.
Die menschliche Gesellschaft braucht geistige Freiheit – die Freiheit, Informationen zu bekommen und zu verbreiten, die Freiheit unvoreingenommener und furchtloser Diskussionen, die Freiheit vom autoritären Druck und Vorurteilen.
Nehmen wir den Sozialismus. Am Anfang glaubte ich ihn zu begreifen und hielt ihn für gut. Allmählich aber begann ich, vieles nicht mehr zu verstehen, und in mir kamen Zweifel auf an der Richtigkeit unserer ökonomischen Basis; ich fragte mich, ob es in unserem System etwas anders gäbe als leere Worte, etwas anderes als Propaganda für den innen- und außenpolitischen Gebrauch. (…)
Es ist eine egoistische Klassenverwaltung, die im Wesentlichen nur ein Ziel verfolgt: die bestehende Ordnung aufrechtzuerhalten und ungeachtet der misslichen Verhältnisse den Schein des Wohlstandes nach außen hin zu wahren.
Ich bin kein Theoretiker auf dem Gebiet der politischen Ökonomie. Ich denke einfach über das Glück, den Frieden und die Gerechtigkeit in der Welt nach und ich fühle, dass der totalitäre Sozialismus nicht effektiv ist, dass das System flexibler sein muss, menschlicher, föderalistischer.
Die Zukunft der Menschheit hängt davon ab, dass überall Menschen guten Willens, die von moralischen Prinzipien geleitet sind, mit energischen, öffentlichen, klug geplanten Aktionen in Erscheinung treten. Gesetzlosigkeit uhd Einschränkungen der Menschenrechte können auf diesem Planeten ebenso wenig toleriert werden wie Krieg, Hunger und Armut. Das Schicksal jedes Einzelnen von uns und unser aller gemeinsames Schicksal steht auf dem Spiel.
