
hessy levinsons, dank des guten geschmacks von joseph goebbels 1935 zum „schönsten arischen baby“ gekürt. leider (zum glück für sie und ihre familie) haben die nazis die pointe nicht mitbekommen: ihre „reine“ arierin war „rein“ jüdisch.
hessys eltern, jakob und pauline levinson, waren aus lettland nach berlin gekommen, um an der musikhochschule gesang zu studieren. jakob hatte unter dem künstlernamen yasha lenssen einen vertrag als bariton an der breslauer oper bekommen, musste sich 1933 aber „outen“, verlor die anstellung und schlug sich von da an als vertreter für eine lettische landwirtschaftsfirma in berlin durch. am 17. mai 1934 kam hessy zur welt. als sie ein halbes jahr alt war, ließen die stolzen eltern im atelier des fotografen hans ballin ein porträt ihrer tochter anfertigen, rahmten das bild und stellten es zu hause aufs klavier.
was sie nicht wussten: wenig später reichte der fotograf das bild ihres kulleräugigen lockenköpfchens mit neun weiteren kinderbildern bei einem wettbewerb ein, den der propagandaminister unter den zehn besten deutschen fotografen ausgelobt hatte, um das ideale arische baby zu finden…
eines tages kam die frau, die pauline levinsohns beim haushalt half, und sagte: stellen sie sich vor, ich habe hessy heute auf einem zeitschriftencover gesehen! pauline war sicher, es müsse sich um eine verwechslung handeln. doch die frau beharrte auf ihrer entdeckung und brachte ihr wenig später ein exemplar der familienzeitschrift „sonne ins haus“ mit. und tatsächlich. auf der titelseite prangte groß die kleine hessy, der innenteil randvoll mit bildern von hakenkreuz-männern, hitlerjugend am lagerfeuer und dem „führer“ selbst. die geschockte mutter rannte zum fotografen und empörte sich, wie er dazu komme, er wisse doch, dass sie juden und ausländer seien. ballin soll geantwortet haben, er hätte das bild absichtlich eingereicht, um die nazis und ihre rassentheorien lächerlich zu machen: „ich wollte mir einen spaß machen, und sie sehen ja, es hat geklappt. ihre tochter ist das perfekteste deutsche baby“. die levinsons waren weniger amüsiert – das foto wurde zigfach abgedruckt, in parteizeitungen, auf anzeigen, glückwunschkarten, hing überall in den schaufenstern – und sie trauten sich nicht mehr mit ihrer tochter auf die straße. doch niemand bekam den faux pas mit. 1936 wurde hessys schwester naomi geboren und ihr vater wegen einer steuersache von der gestapo verhaftet. nachdem man ihn dank bürgschaft eines kollegen und nsdap-mitglieds wieder hatte laufen lassen, floh die familie – erst zurück nach riga, 1938 dann nach paris, 1942 mit hilfe des französischen widerstands weiter über lissabon nach havanna und endlich 1949 in die usa. hessy levinsons-taft war bis zur ihrer pensionierung professorin für chemie in new york.
