
6. mai 1754: dorothea erxleben besteht ihre doktorprüfung an der uni halle und ist damit die erste promovierte ärztin deutschlands. dorothea christiane leporin, 1715 in quedlinburg geborene tochter des arztes christian polycarp leporin, wird zusammen mit ihrem bruder von ihrem vater und dem rektor des örtlichen gymnasiums unterrichtet. aus ihrem lebenslauf weiß man, dass sie in ihrer jugend hunderte von büchern gelesen und exzerpiert hat. an der universität zu studieren oder gar zu praktizieren ist frauen jedoch verboten. als friedrich zwo könig von preußen wird, wagt dorothea etwas ungeheuerliches: sie bittet 1741 ihro königliche majestät, zusammen mit ihrem bruder studieren zu dürfen. und der sagt zu: „da dergleichen exempel bey dem weiblichen geschlechte insonderheit in deutschland etwas rar sind und demnach dieser casus demselben zu nicht geringer ehre gereichen würde“, wolle er „mit dem größten vergnügen alles mögliche zum glücklichen fortgange der erwehlten zwei candidaten beytragen.“
doch aus dem studium wird vorerst nichts. ihre stiefmutter stirbt, sie ist nun zuständig für fünf kleine halbwaisen, heiratet den diakon christian erxleben und bekommt noch vier eigene kinder. doch 1742 veröffentlicht sie ein buch mit dem schönen titel „gründliche untersuchung der ursachen, die das weibliche geschlecht vom studiren abhalten. darin deren unerheblichkeit gezeiget, und wie möglich, nöthig und nützlich es sey, daß dieses geschlecht der gelahrheit sich befleisse“ – eine art frühfeministisches plädoyer, das auf 240 seiten die vorurteile ihrer zeitgenossen gegenüber dem frauenstudium diskutiert und natürlich auch die frage bejaht, ob frauen ärztinnen sein können.
dank der königlichen sondererlaubnis unterhält erxleben trotz des fehlenden universitätsstudiums daneben eine erfolgreiche arztpraxis. die hat neider. 1753 wird sie von drei männlichen quedlinburger kollegen wegen „medicinischer pfuscherey“ verklagt. das „ungebührliche curiren“ wird ihr vorerst untersagt und sie aufgefordert, stellung zu dem pamphlet der ärzte, das vor böswilligen unterstellungen nur so strotzt, zu nehmen. sie antwortet sachlich, widerlegt die behauptungen und bietet an, sich von den klägern fachlich prüfen zu lassen. die ärzte antworten höhnisch: „… so gibt sie aus einen hocherleuchteten verstande an, sie wolte sich von uns dreien examiniren laßen, und sich auf erfordern dazu sistiren, es müßten aber alle 3 ihre gegener beysammen seyn. hoho! es wäre ja an einem genug. aber meine liebe fr. diaconußen, in quem finem wäre doch dieses, was käme den da heraus? gewiß, ein leeres gezäncke und gewäsche, die liebe fr. judiciret nach ihren foeminischen verstande, wann sie etwan mit geborgten latein und frantzösischen könne um sich werffen, so wäre sie schon doctormäßig. überdem, was für vortheil, war für ehre würden wier davon haben?“
als antwort reicht erxleben, die gerade ihr viertes kind zur welt gebracht hat, ihre dissertation ein, titel: „quod nimis cito ac iucunde curare saepius fiat causa minus tutae curationis“ („academische abhandlung von der gar zu geschwinden und angenehmen, aber deswegen öfters unsichern heilung der krankheiten“). die gutachter sind von wissen, können und persönlichkeit der doktorandin so angetan, dass sie friedrich den großen um die promotionserlaubnis für erxleben bitten, da diese alle examina vortrefflich bestanden und „sich männlich erwiesen“ habe („optime in examine steterit, et virum se praestiterit“). friedrich II. unterschreibt postwendend das reskript. am 6.mai 1754 bestreitet sie ihr promotionsexamen mit großem erfolg und wird zum „doktor der arzeneygelahrtheit“ erklärt.
dorothea erxleben bleibt nur noch wenig zeit. sie stirbt 1762 an brustkrebs. es werden über 150 jahre vergehen, bis wieder eine frau zum dr. med. promoviert.
