Die Waffen nieder!

bertha sophia felicita freifrau von suttner *9.6.1843, friedensnobelpreisträgerin 1905


Merkwürdig, wie blind die Menschen sind! Die Folterkammern des finsteren Mittelalters flößen ihnen Abscheu ein; auf ihre Arsenale aber sind sie stolz.

In politischen Dingen, beinahe noch williger als in religiösen, lässt sich die Masse von dem Prinzip des qui absurdum lenken; auf das Verstehen und Begreifen wird von vornherein verzichtet. Ist das Schwert einmal gezogen, dann bedarf es nichts mehr als des Rufes „Hurra“ und des heißen Siegesdrangs. Dazu ruft man nur noch den Segen des Himmels auf dem Kampf herab.

Der nächste Krieg wird von einer Furchtbarkeit sein, wie noch keiner seiner Vorgänger.

Was dieser Opportunismus schon alles auf dem Gewissen hat, es ist schauderhaft! Er ist der Hemmschuh, die Sklavenkette, die sich an jede energische Tätigkeit hängt, die alles hindert, die jede Handlung unmöglich macht; er ist der Grund der heutigen Flügellahmheit, des Mißtrauens…

Wer die Opfer nicht schreien hören, nicht zucken sehen kann, dem es aber, sobald er außer Seh- und Hörweite ist, gleichgültig ist, daß es schreit und zuckt – der hat wohl Nerven, aber – Herz hat er nicht.

Rache und immer wieder Rache! Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen. Nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden.

Nach „lieben“ ist „helfen“ das schönste Zeitwort der Welt.

Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen – nein: unserer Enkelkinder!

Die Waffen nieder!

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