
das allererste kinderkarussell wurde im osmanischen philippopolis (heute die bulgarische stadt plowdiw) betrieben. der englische reisende peter mundy schrieb am 17. mai 1620 in sein tagebuch: die kuriosität werde von menschenkraft angetrieben und bestehe „aus einem großen wagenrad, an dessen äußerer seite (acht) kleine sitze befestigt sind, worauf die kinder ihren platz einnehmen. dann wird das rad in bewegung versetzt, und sie kreisen in horizontaler richtung herum…“
die grundidee ist älter. zuerst taucht eine art karussell im 6. jh. in byzanz auf. reiter in körbe, durch die in der mitte eine stange ging, kämpften (vermutlich spielerisch) miteinander.
das wort „karussell“ soll sich von „kleiner krieg“ ableiten, einem übungsspiel arabischer und türkischer krieger im 12. jh. – dabei wurde eine mit parfüm gefüllte dünnwandige tonkugel zwischen die reiter geworfen und der spieler, der den ball nicht fangen konnte, stank halt nach parfüm, bis er sich waschen konnte. das spanische und italienische wort für „kleiner krieg“ oder auch „kleine fledermaus“ genannt, waren garosello und carosella, woraus schließlich das französische carrousel wurde. denn zwischenzeitlich waren karussellartige übungsgeräte für ritter auch in mitteleuropa angekommen – beinlose holzpferde, die in der mitte auf einem drehstab montiert waren; die stange wurde von menschen, pferden oder maultieren gedreht und die ritter mussten mit ihrer turnierlanze versuchen, die um dieses „karussel“ herumhängenden ringe zu durchstechen (da die meisten als rechtshänder die lanze in der rechten hand hielten, drehten sich die karussells immer gegen den uhrzeigersinn). später übte man sich an den europäischen barockhöfen auf ähnliche art auf echten pferden in geschicklichkeitsspielen (daher der begriff ringelreiten), bis menschen statt pferde das gefährt zum laufen bringen mussten.
in deutschland wurde das erste „echte“ karussel 1780 in einem rundtempel in im kurbad hanau wilhelmsbad durch den architekten franz ludwig von cancrin gebaut. und es hat einiges erlebt: mal hat die preußische artillerie das karussel beschossen, dann die französische, dann werden zwölf pferde geklaut, dann zerstörte ein sturm die umbauung usw. aber es wurde restauriert und soll heute das älteste noch existierende karussell der welt sein.
das erste mit einem motor, genau gesagt per dampfmaschine angetriebene karussell baute thomas bradshaw 1863 in england. es stand auf einem töpfermarkt und trat von hier seinen endgültigen siegeszug um die welt an. 1880 wurde die ganze sache noch perfektioniert – der amerikanische frederick savage fügte einen mechanismus hinzu, mit dem sich die holzpferde beim umkreisen des zentrums zusätzlich auf- und abbewegten wie im galopp und bald wurden neben den pferden auch alle möglichen anderen bunten tiere (und dann orgeln) auf den karussells montiert.
ich fand die als kind natürlich auch faszinierend, aber mir wurde im karussell immer kotzübel, und nachdem ich auf einem riesenrad wegen stromausfall fast eine stunde bei eisiger kälte ganz oben in einer irre schaukelnden gondel hing und mir fast in die hose gemacht habe (nachdem der strom wieder da war, wurde als entschädigung eine freifahrt angeboten), war’s endgültig vorbei mit der liebe zu fahrgeschäften aller art. aber schön finde ich sie trotzdem.
