
max salomon *3.6.1886 – kabarettist, gründer und präsident des einzigen jüdischen karnevalsvereins der vor-nazi-zeit in köln…
juden haben sich bereits seit 1823, seit es ihn gibt, am kölner karneval beteiligt. ein simon oppenheim, der aus einer angesehenen bankiersfamilie stammte, war hier schon 1824 die „prinzessin venetia“ (jungfrau) an der seite des „helden karneval“ (prinz karneval). hundert jahre später waren juden immer noch begeisterte jecken, selbst wenn ihre ausgrenzung aus den vereinen längst begonnen hatte.
einer von ihnen war max salomon, dessen geburtstag sich heute jährt. der sohn des textilgroßhändlers salomon salomon und seiner frau henriette lion begann 1910 als büttenredner aufzutreten. er schrieb karnevalistische texte, veröffentlichte sie auch und machte nach dem ersten weltkrieg eine bühnenkarriere als „kölsche markfrau“. 1922 war ein besonders ereignisreiches jahr für max salomon: er heiratete die kaufmannstochter christina berger, wurde vater einer tochter erika und gründete mit seinem bruder wilhelm und geschäftsfreunden, die wie er die nase voll hatten von den antisemitischen anfeindungen in den vereinen, seinen eigenen verein: den „kleinen kölner klub“. der kkk blieb der einzige jüdische karnevalsverein in köln und max salomon sein erster und letzter präsident.
wie in anderen vereinen hatte jedes mitglied einen kölschen spitznamen (max salomon war „de pläät“, die glatze, sein bruder wilhelm der „stoppen“, stopfen) und gab es einen eigenen karnevalsorden, hier in form eines grün-weißen davidsterns; der ebenfalls jüdische büttenredner hans tobar schrieb die mundart-stücke; bei den sessionen traten auch prominente (nichtjüdische) büttenredner wie karl küpper und die „roten funken“ auf und es arbeiteten weitere bekannte karnevalisten, u.a. willy millowitsch, mit salomon zusammen. bis zur machtübergabe an die nationalsozialisten.
schon 1933 wurden keine jüdischen büttenredner mehr gebucht, bald auch keine juden mehr in vereinen aufgenommen und aktive ausgeschlossen. jacob mayer, der stimmungslieder verfasste, die bis heute gesungen werden, so den narrenmarsch „kerl wach uff“, nahm sich das leben, hans tobar ging ins exil, und auch max salomon musste seine tätigkeit als handelsvertreter aufgeben, erhielt auftrittsverbot und durfte nur noch beim jüdischen kulturbund in die bütt steigen. sein bruder ging mit frau und tochter nach palästina; ihm selbst gelang noch im november 1939 die flucht in die usa, während henriette, die mutter der beiden, 1943 in sobibor ermordet wurde.
sehr wahrscheinlich haben sie alle zuvor selbst noch miterlebt, wie schon 1934 beim rosenmontagszug ein festwagen (wie der auf dem foto) durch die stadt zog, auf dem als orthodoxe juden verkleidete karnevalisten den weggang ihrer früheren nachbarn nach palästina feierten oder wie dieses kölner karnevalslied eines jean müller zum hit wurde:
„Die Jüdde wandern us“
Et deit sich alles freue,
Mir sinn jetz bahl su wick,
Mir wäde jetz in Deutschland,
Die Jüdde endlich quwitt.
Refrain:
Hurra mer wäde jetz de Jüdde loss,
Die ganze koschere Band,
Trick nohm gelobte Land.
Mir laache uns für Freud noch halv kapott,
Der Izig und die Sahra die träcke fott!
Wenn die Jüdde bei uns kohme,
Mett neh‘m lange Rock un Flüh,
Fingen die an zu hausiere,
Arbeide deit der Jüdd doch nie.
Mit Knoche, Lumpe, Iser,
Un watt et söns noch jitt,
Un mett nehm Sack om Röcke,
Häh durch die Strosse trick.
Mett dem Handel iss jetz Schluss,
Dröm wandern die jetz uss.
Wenn die ganze koschere Jüdde,
us Deutschland sinn erus,
Zwei mir dann he behalde,
Die stelle mir dann uus.
Eine enn de Schreckenskammer,
Eine ett Museum kritt geschenk,
Datt mir an die Judenplage,
Mett Schrecke später denk.
Wenn man die zwei dann sieht,
Singt man för Freud dat Leed:
die geschmähten, ausgewanderten „jüdde“ hingegen blieben ihr leben lang mit ganzem herzen „kölsche jecken“. bereits in den frühen 1940er jahren traten sie – willy in palästina und max in los angeles – wieder auf, vor anderen emigranten aus der heimat. max salomon moderierte fern der heimat auch karnevalistische rundfunksendungen und veranstaltete bis zu seinem tod 1970 rheinische abende.
seit 2019 gibt es wieder einen jüdischen karnevalsverein, der mit seinem namen –„kölsche kippa köpp“ – an den alten kkk erinnert und stolpersteine für max salomon und seine familie hat legen lassen.
