Remarques Schwester

erich maria remarque *22. juni 1898, hat neben „im westen nichts neues“ über ein dutzend romane geschrieben, wie „der funke leben“ um den widerstand einer gruppe häftlinge in einem fiktiven kz. warum das buch 1952 in deutschland ohne die widmung im original erschien, ist nicht bekannt: „to the memory of my sister elfriede“…
remarque, der nach der emigration dank der tantiemen aus seinem antikriegsbestseller ein sorgenfreies, ausschweifendes leben führt, erfährt erst im juni 1946, dass die nazis seine schwester hingerichtet haben. den roman könnte man als einen der lebenslangen versuche remarques lesen, mit der frage klar zu kommen, ob er seine schwester hätte retten können oder gar mitschuld an ihrem tod trägt.
elfriede maria, von der sich erich seinen zweiten vornamen geliehen hatte, war 1903 als viertes und letztes kind der familie remark aus osnabrück geboren worden. sie lernt schneiderin und zieht erst in die modemetropole leipzig und 1924 nach berlin. sie wohnt in die suarezstraße und im jahr darauf landet auch ihr bruder in berlin und in charlottenburg; er hatte elfriede gebeten, sich nach einer wohnung für ihn umzusehen. während er berühmt wird, zieht elfriede weiter nach dresden, weil es dort arbeit für sie gibt. sie macht die meisterprüfung, bekommt unehelich eine tochter (die stirbt), heiratet, wird wieder geschieden und macht eine eigene schneiderei auf. die läuft anfangs schlecht. ihr bruder unterstützt sie, doch irgendwann bricht der kontakt ab; remarque schämt sich für seine einfache herkunft und fühlt sich von elfriede ausgenutzt. 1939 lernt sie den schlagzeuger heinz scholz kennen und heiratet ihn während seines fronturlaubs 1941.
elfriede scholz ist wie ihr bruder pazifistin und eine entschiedene gegnerin der nazis. am 1. august 1943 steht plötzlich die gestapo vor ihrer tür. man hat sie denunziert. sie soll einer kundin und ihrer vermieterin gegenüber geäußert haben, dass sie nicht an den endsieg glaube, die soldaten an der front nur noch „schlachtvieh“ seien und der „führer“ sie alle auf dem gewissen habe. sie wird verhaftet, verhört, nach berlin überstellt und vom volksgerichtshof unter vorsitz roland freislers, der während des kurzen ausgerufen haben soll: „ihr bruder ist uns leider entwischt – sie aber werden uns nicht entwischen!“, wegen „wehrkraftzersetzung“ und „feindbegünstigung“ zum tode und dauerndem ehrverlust verurteilt. beide gnadengesuche ihrer verteidigerin werden abgewiesen. am 16. dezember um 13.04 uhr vollstreckt ein scharfrichter röttger in berlin-plötzensee mit dem fallbeil das urteil. von der vorführung bis zur vollzugsmeldung habe es 8 sekunden gedauert, steht im protokoll.
in den 1960er jahren wird ihr bruder erich mit hilfe  robert w. kempners, des stellvertretenden us-chefanklägers bei den nürnberger prozessen, bei der westberliner staatsanwaltschaft versuchen, die strafrechtliche verfolgung der noch lebenden prozessbeteiligten zu beantragen. am 25. september 1970, es ist remarques sterbetag, wird das verfahren eingestellt. das urteil gegen elfriede scholz wird erst 1998 durch das neue gesetz zur aufhebung nationalsozialistischer unrechtsurteile aufgehoben.

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