









saul steinberg *15.juni 1914 – einer der originellsten virtuosen in der amerikanischen kunst und weit mehr als das jahrzehntelange flaggschiff von „the new yorker“.
ein bisschen zu seinem backround:
saul steinberg wurde in râmnicu sărat geboren und wuchs quasi in der werkstatt der kleinen kartonagenfabrik seines vaters in bukarest auf, zwischen farbigen und geprägten papieren, stempeln und beweglichen holzlettern und zwischen den pralinen-, mazze- und kosmetika-schachteln, die moritz steinberg herstellte und mit kunstreproduktionen dekorierte – dinge, die alle später in der kunst seines sohnes wieder auftauchen würden. seinen vater beschrieb saul als klein und schüchtern, seine mutter, rosa jacobson, als „drama queen“, die einem „voll aufgetakelten schlachtschiff“ geglichen und ehemann, sohn und tochter dominiert habe. auch in der schule hatte klein-saul nichts zu lachen. wenngleich die hälfte der schüler juden waren, litt er unter den pöbeleien der nichtjuden (ein „inferno aus schreien, ohrfeigen, toiletten“), was sich an der uni bukarest, an der er sich für soziologie und psychologie einschrieb, wiederholte und woran er sich sein leben lang mit bitterkeit erinnern würde. nach dem abschluss bewarb steinberg sich an der architektur-fakultät, wurde aber wegen der geringen zulassungsquote für juden nicht angenommen. ende 1933 klappte es dafür an der architekturschule der uni mailand. während des studiums begann steinberg zu zeichnen und brachte seine karikaturen erfolgreich in zwei bekannten italienischen satirezeitungen unter.
nachdem mussolinis rassengesetze 1938 juden aus qualifizierten berufen ausschlossen, konnte steinberg zwar noch lange genug in mailand bleiben, um das studium zu beenden (er hat nie als architekt gearbeitet), suchte währenddessen aber verzweifelt nach möglichkeiten, auszuwandern. er versteckte sich eine zeit lang, meldete sich jedoch, nachdem er gehört hatte, dass flüchtlinge, die sich ergeben, besser behandelt würden, und wurde in ein internierungslager in tortoreto gesteckt. nach der entlassssung versuchte steinberg 1941 mit einem pass, dessen stempel er selbst gefälscht hatte, über italien und portugal in die usa zu kommen. in ellis island war der traum zuende und er wurde in die dominikanische republik abgeschoben, nicht wegen des falschen stempels, der war perfekt, sondern weil die aufnahmequote für rumänen erschöpft war. (später würde steinberg eine elegante, absichtlich unlesbare kalligraphie entwickeln, mit der er falsche dokumente herstellte und die mit der zeit zu einer so täuschenden illusion inklusive zusätzlich angebrachter briefmarken, siegel und pseudofotografien heranreifte, dass die betrachter versuchten, sie zu entziffern und es immer noch tun:)
in ciudad trujillo erkrankte steinberg an malaria, zeichnete aber weiter und schickte seine cartoons an „the new yorker“, in der hoffnung auf eine aufnahme in den usa. sein erster cartoon erschien dort im oktober 1941 und im juli 42 erhielt er tatsächlich ein us-visum. der herausgeber des „the new yorker“ empfahl steinberg, der schon früher antifaschistische cartoons gezeichnet hatte, dem office of war information. das wies ihm dem neuen office of strategic services (oss) zu und schickte ihn 1943, inzwischen war er us-bürger, nach china. hier musste er offiziell propaganda und auf privaten wunsch einiger vorgesetzter nebenbei „schmuddelbildchen“ produzieren (sein schlimmstes china-erlebnis aber war, dass er an einem nassen, grauen tag eine hinrichtung krimineller durch ein chinesisches exekutionskommando miterlebte, bei der man den verurteilten regenschirme erlaubte hatte. daran erinnerte er sich sich, sagte er später, wann immer es regnete).
steinberg wurde anschließend nach nordafrika und dann nach italien versetzt. hier zeichnete er wieder propagandabilder (zb. klopapier mit hitler-konterfei), die nazis lächerlich machen und so aussehen sollten, als stammten sie aus dem deutschen widerstand und die hinter den feindlichen linien abgeworfen wurden (beispiele am anfang der bildreihe).
ende 1944 kehrte steinberg nach new york zurück und heiratete die jüdische malerin hedda sterne, die wie er aus rumänien stammte. 1960 trennten sich die beiden wieder, ließen sich jedoch nie scheiden und waren zeitlebens eng verbunden (steinberg nannte sie seine „langmütige, ununterbrochen verratene frau mit ein paar flitterwochen“). neben sterne (die endlosen liste seiner kleineren liebschaften spar ich mir) und seiner dominanten mutter spielte sigrid spaeth, genannt gigi, eine ehemalige deutsche grafikerin, die er 1960 auf einer party kennengelernt hatte, eine hauptrolle in steinbergs leben. mit ihr habe er, sagte er, einen „fünfunddreißigjährigen krieg“ ausgefochten und auch die klatschpresse war voll von stories über den kleinen juden mit dem „dracula-akzent“ und die 22 jahre jüngere sexy deutsche, die ihre kämpfe beide öffentlich austrugen. 1996 sprang sie vom dach des hauses, in dem er ihr eine wohnung gemietet hatte. als steinberg vier jahre später selber starb, saß wieder hedda sterne an seinem bett und hielt ihm die hände – so hatten sie es sich gegenseitig versprochen.
im vergleich dazu waren steinbergs beziehungen zu männern eher distanziert. er war befreundet mit strawinsky, nabokov, breton, mondrian, cartier-bresson, marcel breuer, le corbusier, mark rothko und saul bellow (sein trinkkumpan) und ein eifriger partygänger, interessierte sich jedoch nicht sonderlich für die gespräche anderer, fühlte sich immer einsam, verachtete die begeisterung seiner generation für die psychoanalyse, aber hörte nie auf, seine angst dem schicksal zuzuschreiben, als jude in rumänien geboren worden zu sein, der „verdammten patria, die millionen ermordet und mich nie akzeptiert hat“. am liebsten war er mit seiner/n katze/n zusammen, die auch immer wieder in seinen zeichnungen auftauchen.
den beruf des karikaturisten beschrieb steinberg als schwierig, weil man sein eigener redakteur sein und „eliminieren, eliminieren, eliminieren“ müsse und sich selbst als „a writer who draws“. und tatsächlich „erzählte“ er weit über die karikatur hinausgehend auf unterschiedlichste art mit und auf textilien, tapeten, wänden, collagen, masken, überzeichneten fotos, skulpturen, werbeanzeigen, bühnenbildern, und in seinen späten jahren, als er mit der abneigung gegen den (vietnam)krieg den visuellen stil der antikriegs-gegenkultur übernahm, in psychodelische fantasien, in denen sich tobende polizisten, stadtterroristen, raubvögel und reptilien tummelten oder ein mickey mouse, den er als „wirklich beängstigend“ empfand…
