Anarchistin Fanni K.

am 30. august 1918 schießt die 28-jährige fanni kaplan auf lenin. oder auch nicht. wladimir iljitsch war nach einer rede vor arbeitern des moskauer michelson-werks gerade dabei, in sein auto zu steigen, als zwei kugeln ihn in die linke schulter treffen. die revolutionspolizei verhaftet die (vermeintliche) attentäterin an der nächsten straßenbahnhaltestelle. fanni kaplan gibt die tat sofort zu, widerruft später, und gesteht nach x verhören neu, ohne weitere details zu verraten.

fanja efimowna kaplan, 1890 in der ukrainischen provinz wolyn als feiga haimowna roidman geboren, hat sieben geschwister, ihr vater ist melamed in einem cheder und unterrichtet sie zuhause (die eltern wandern später nach amerika aus). während der revolution von 1905 schließt sie sie sich den anarchisten an, wird 1906 verhaftet, weil sie an einem terroranschlag beteiligt war, bei dem sie auch selbst schwer verletzt wurde, an den augen. fanni wird zum tode verurteilt; weil sie minderjährig ist, wird die strafe in lebenslange haft umgewandelt. nach der februarrevolution 1917 wird sie begnadigt. da ist sie 27, sichtlich gealtert, krank und fast blind (es ist lenins kleiner bruder, der arzt dmitri uljanow, der dafür sorgt, dass sie in charkow operiert wird; danach kann sie immerhin wieder umrisse erkennen). sie unterrichtet landarbeiter auf der krim und geht dann illegal nach moskau.
historiker bezweifeln bis heute die täterschaft kaplans. die untersuchung war überhastet geführt und abgeschlossen worden, die protolle sind schlampig, widersprüchlich und unvollständig, es gibt keinen einzigen zeugen der tat, kaplan ist wie gesagt fast blind, und die kugel, die man lenin jahre später aus der schulter operiert, stammt eindeutig nicht aus der browning, die die geheimpolizei in kaplans handtasche als tatwaffe ausgemacht oder die (alternative version) ein arbeiter auf dem farbrikhof gefunden haben will. 
es gibt x theorien dazu, wer tatsächlich auf lenin geschossen haben könnte. möglicherweise hat kaplan einen anderen revolutionsenttäuschten gedeckt oder lenins konkurrenten um die macht, wie dzierżyński oder sverdlow, sind selbst die auftraggeber gewesen. fanni kaplan konnte dazu nichts mehr sagen. sie wird vier tage nach dem anschlag ohne gerichtsverfahren im hof des kreml erschossen, ihre leiche in ein leeres harzfass gesteckt, mit benzin übergossen und verbrannt. das ereignis ist ein willkommener anlass für die bolschewiki, die jagd auf ihre gegner zu eröffnen. es ist der beginn des sog. „roten terrors“.

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