anne-josèphe théroigne de méricourt, *13.8.1762, amazone trat für die bewaffnung von frauen ein und endete im irrenhaus:
die tochter eines pächters ist das älteste von drei kindern. nachdem ihr mutter stirbt, lebt sie bei verschiedenen tanten, in einem kloster, und wieder beim vater, als der neu heiratet. sie flieht mit 14, verdingt sich als kuhhirtin und haushaltshilfe und lernt mit 17 eine madame colbert kennen, die für ihre ausbildung sorgt. mit ihr geht sie nach antwerpen, dann nach paris und nach london, wird dort von einem englischen offizier verführt und schwanger, bekommt eine tochter (die später an pocken stirbt), wandert weiter nach italien, hat mehrere affären (sie wird “die schöne lütticherin“ genannt), steckt sich in italien mit syphilis an und kommt 1785 zurück nach paris.
hier lässt sich théroigne de méricourt zur sängerin ausbilden und schließt sich bald den jakobinern an, sie besucht die nationalversammlung und gründet mit anderen zusammen den „klub der menschenrechte“. um nichts von den ereignisse der revolution zu verpassen, zieht sie im mai 1789 nach versailles und besucht die dortigen versammlungen. da sie die einzige frau auf der tribüne ist, beschließt, sich als amazone zu verkleiden, sie hat drei kostüme: ein weißes, ein rotes und ein schwarzes – ihre feinde beschreiben sie grunsätzlich in roter kleidung als blutrünstige bacchantin.
am 6. oktober wird das schloss von versailles besetzt. die königliche familie flieht nach paris in den tuilerienpalast, die verfassungsgebende versammling folgt ein paar tage später nach paris und mit ihr anne-josèphe. die „amzone der französischen revolution“ eröffnet einen salon, in dem sich sieyès, desmoulins, pétion, brissot, dabre d’églantine und saint-just treffen. die royalistische presse zerreißt sie dafür in der luft, verleumdet sie und nennt sie „hure des volkes“.
Im januar 1790 gründet théroigne de méricourt mit ihrem aktuellen partner charles-gilbert romme die „gesellschaft der freunde des gesetzes“, wird bald darauf ziel einer polizeilichen untersuchung, muss fliehen, wird von den österreichern verhaftet und 1791 von leopold II. persönlich freigelassen, nachdem sich der vorwurf, sie hätte marie antoinette ermorden wollen, als haltlos erwiesen hatte.
sie kehrt im triumphzug zurück, beteiligt sie sich an den kämpfen gegen die aristokraten, aber auch die bourgeoisie, weil die ebenfalls wollen, dass frauen zu hause bleiben…
im märz 1792 legt pauline léon der legislatur eine von 320 parisern unterzeichnete petition für das recht auf die bildung einer weiblichen nationalgarde vor. drei wochen später versucht théroigne de méricourt eine „phalanx der amazonen“ zu gründen. sie fordert die politische geichstellung der frauen – die sollen waffen tragen und in die armee entreten dürfen –, und erklärt vor der nationalversammlung: „lasst uns unsere fesseln brechen, es ist endlich zeit für frauen, aus ihrer beschämenden nichtigkeit herauszukommen, wo unwissenheit, stolz und menschliche ungerechtigkeit der männer sie so lange versklavt haben.“
am 10. august nimmt sie noch am sturm auf die tuilerien teil und wird anschließend dafür mit der sog. „bürgerkone“ geehrt. doch bald bezichtigen sie die royalisten, die der „patriotischen hündin“ ihren auftritt und ihre forderungen nicht verziehen haben, einen ihrer pamphletiers gelyncht zu haben. das hat sie nicht, aber die verleumdung katastrophale folgen. im frühjahr 1793 schlägt sie vor, sechs frauen in jedes ministerium zu wählen, die unter dem motto „freundschaft und brüderlichkeit“ konflikte schlichten, sich für meinungsfreiheit einsetzen und einen bürgerkrieg verhindern sollen. doch am 13. mai wird sie in der nationalversammlung beschuldigt, den anführer der girondisten unterstützt zu haben, auch ihr stil, ihre kleidung und ihre politischen ansichten hatten sie bei gewöhnlichen frauen unbeliebt gemacht. sie wird vor der nationalversammlung auf offener straße von jakobinierinnen halb ausgezogen und fürchterlich verprügelt und mißhandelt (bis marat einschreitet).
diese agression und demütigung ist neben einer schweren kopfverletzung für einige historiker der grund, für das, was dann folgte, für andere ist es die angst vor der guillotine oder das fortgeschrittene stadium ihrer geschlechtskrankheit, der neurosyphilis: sie wird wahnsinnig. ihr bruder setzt ihre entmündigung und einlieferung in ein „irrenhaus“ durch. im hôpital de la salpêtrière verbringt anne-josèphe théroigne de méricourt die folgenden 23 jahre, bis zu ihrem tod 1817.
ihr leben, das sie zu einer der ersten feministinnen der geschichte macht, auch wenn der begriff erst 1837 im französischen wortschatz auftaucht, hat viele künstler inspiriert. eugène delacroix 1830 für sein gemälde „la Liberté guidant le peuple“ (sie ist die „marianne“), charles baudelaire 1857 in „les fleurs du mal“, auguste de boeck 1900 zu der oper „théroigne de méricourt“ und paul hervieu 1902 zum gleichnamigen stück, in dem sarah bernhardt die titelrolle spielte.
bild: links die junge anne-josèphe, in der mitte eine (wohl idealtypische) darstellung aus der revolutionszeit, rechts ein jahr vor ihrem tod in der salpêtrière (stich von ambroise tardieu nach einem porträt von georges-françois-marie gabriel)

