Die Tollwut und Pasteur

am 6. juli 1885 impft louis pasteur den ersten menschen erfolgreich gegen tollwut

der 9-jährige bäckersohn joseph meister aus dem kleinen maisonsgoutte im elsass war am frühen morgen des 4. juli 1885 von seinem vater ins nachbardorf geschickt worden, um hefe aus einer brauerei zu holen. auf dem weg wurde er von einem jagdhund angefallen, der ihn insgesamt 14 mal in die rechte hand und in die beine biss. der besitzer des hundes, der delikatessenhändler théodore vonné, konnte das tier in eine garage zu sperren und gab dem jungen als entschädigung eine mark. seinen wertvollen hund wollte er zu einem tierarzt bringen. aber auf dem weg dorthin versuchte das tier weitere leute zu beißen und wurde von einem gendarmen erschossen. der tierarzt untersuchte den kadaver und stellte tollwut fest. vonné setzte sich in ein café, weil er auf die kutsche in seinen ort warten musste, erzählte von den ereignissen und andere kaffeehausbesucher erinnerten sich, in der zeitung gelesen zu haben, dass der damals schon weit bekannte pasteur in paris erfolgreich tiere gegen tollwut geimpft hatte. vonné infomierte die eltern des jungen und die beschlossen, sich am nächsten morgen auf den weiten weg nach paris zu machen (bis dahin waren josephs wunden vom örtlichen arzt nur mit karbolsäure gereinigt und verbunden worden). 
louis pasteur hatte lange gezögert, impfstoffe an menschen anzuwenden. seit 1881 widmete er sich der tollwut; er soll ein traumatisches kindheitserlebnis gehabt und gesehen haben, wie der dorfschmied die bisswunden, die ein wolf mehreren leuten in seinem ort beigebracht hatte, mit einem glühenden eisen ausbrannte. mit tollwut infiziert zu sein kam damals einem todesurteil gleich und im schnitt starben jedes jahr 30 menschen in frankreich daran. 
pasteur experimentierte mit hunden und kaninchen. er entwickelte einen impfstoff, der aus einer zwei wochen lang getrockneten emulsion aus dem rückenmark an tollwut gestorbener kaninchen bestand. allerdings impfte er die hunde erst und infizierte sie dann mit dem erreger. und offenbar hatte er seinen impfstoff schon an zwei menschen erprobt, ohne dass die öffentlichkeit davon erfahren hatte. 
angesichts des gebissenen joseph meisters nun beschloss er jedenfalls, das serum bei ihm einzusetzen. da er als chemiker eigentlich keine menschen behandeln durfte, holte er zwei befreundete ärzte aus einer sitzung der akademie der wissenschaften, die seine diagnose bestätigten und zum impfen rieten. noch am abend des 6. juli, inzwischen waren 60 stunden seit den bissen vergangen, bekam der junge die erste injektion. und in den folgenden tagen zwölf weitere mit zunehmend virulenteren tollwut-erregern. joseph wurde anschließend weiterbeobachtet und im august als geheilt nach hause entlassen (vom ablauf der ereignisse gibt es mehrere versionen, ich hab mich an die gehalten, die vom impfling selbst stand und erst nach seinem tod aufgefunden wurde). 
die heilung des jungen gab pasteur im oktober 1985 bekannt. obwohl man nicht weiß, ob der überhaupt infiziert war (dazu hätte auch der hund gestestet werden müssen, dessen kadaver aber nicht verfügbar war). pasteur selber gab an, dass nur etwa jeder zehnte gebissene auch die tollwut bekam. also hätte der kleine joseph womöglich auch ohne behandlung überlebt. aber da nach bekanntwerden seiner heilung aus aller welt von tollwütigen tieren gebissene leute nach paris reisten, um sich die rettenden impfungen geben zu lassen (nach einem jahr waren das schon 2500 patienten), ergab die statistische auswertung, dass pasteurs impfstoff tatsächlich wirksam war.
louis pasteur konnte sich dank dieser erfolge ein eigenes institut aufbauen, aber er unterstützte auch die familie meister weiter. er ließ ihnen geld zukommen, als ihre bäckerei schlecht lief und stellte den 14-jährigen joseph 1890 als laufburschen in seinem institut an (der bekam allerdings heimweh und ging zurück). seit 1912 war meister, nachdem seine bäckerei pleite gegangen war, erneut am institut pasteur beschäftigt, diesmals als hausmeister. auch zwei seiner töchter arbeiteten später dort.
joseph meister nahm sich am 24. juni 1940, zehn tage nach der besetzung paris’ durch die deutschen, das leben. es wird kolportiert, dass er zuvor versucht habe, deutsche soldaten daran zu hindern, in das pasteur-mausoleum einzudringen. aber die genauen gründe sind nicht bekannt.

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