Heinrich Heine in der Bronx


zu seinem 100. geburtstag sollte heinrich heine in seiner heimatstadt düsseldorf, größtenteils finanziert von kaiserin „sissi“, ein denkmal errichtet werden. am 8. juli 1899 wurde es eingeweiht. aber nicht etwa in düsseldorf, sondern in der bronx…


rückblende (für alle, die immer noch glauben, der judenhass und die dazu passende rhetorik seien 1933 entstanden und provinzpossen eine erscheinung der gegenwart): 1887 wurde in düsseldorf ein  „comité für die errichtung eines heine-denkmals“ gegründet. weitere städte folgten dem aufruf, dem „unsterblichen liederdichter“ ein denkmal zu setzen, der düsseldorfer stadtrat zementierte das vorhaben durch einen offziellen beschluss (das denkmal sollte im hofgarten stehen) und die glühende heine-verehrerin k&k-kaiserin elisabeth trat höchstpersönlich dem comité bei, sagte 50.000 mark zu und beauftragte den berliner bildhauer ernst herter, entwürfe zu liefern. das comité entschied sich für einen angekitschten „loreley-brunnen“ aus weißem marmor mit einem relief von heine, statt der heine-statue (die sissi gefallen hatte) – begründung: die statue könnte als verherrlichung heines aufgefasst werden, aber man müsse die gegner geneigter machen. womit wir beim thema wären.

bereits unmittelbar nach der veröffentlichung des aufrufs, für ein hh-denkmal zu spenden, meldete sich die gegenseite zu wort. es erschienen diverse pamphlete, u.a. des pfarrer friedrich frey, der den dichter als gegner der kirche und des christentums geißelte, und ein anderes der „patriotischen studenten“ der uni bonn: „begeistert tritt die akademische jugend ein für jedes vaterländische unternehmen. (…) aber nie und nimmer wird sie auch nur einen pfennig opfern zu ehren eines heinrich heine.“ und in einer wiener zeitung war zu lesen: „heine, der das deutsche volk beschimpfte und verhöhnte, soll ein denkmal gesetzt werden?! (…) haben denn die jüdischen weltvampire, rothschild und genossen, nicht geld genug, um ihrem stammesbruder ein denkmal zu errichten?“.

in der neugegründeten zeitschrift „der kunstwart“ polemisierte franz sandvoß scharf gegen das denkmal und den versuch, heine mit goethe zu vergleichen – denn heine verfechte und verbreite nur scham- und zügellosigkeit. in einer weiteren hetzschrift schrieb er: „blut ist in der that ein ganz besonderer saft. (…) heine ist der prototyp des modernen, entarteten judentums…“ und sollte das denkmal errichtet werden, werde es „eine schandsäule für das deutsche volk“ sein. daraufhin bestellte immerhin friedrich nietzsche das blatt ab. und es gab im deutschen blätterwald auch zustimmung für heine – so von der frankfurter zeitung, dem börsen-courier, dem berliner tageblatt und der wiener neuen freien presse.

aber das gift hatte schon das seine getan: kaiserin sissi zog sich samt ihres geldes aus dem comité zurück (offiziell hieß es, heine hätte die hohenzollern und die wittelsbacher beleidigt) und die finanzierung des denkmals war wieder offen. spenden kamen auch nicht mehr genug zusammen und weitere wichtige comité-mitglieder traten ab, so dass das rest-comité beschloß, den bildhauer um einen kleineren entwurf zu bitten. umsonst.

der stadtrat zog seine frühere bewilligung zurück, da sie inzwischen verjährt sei, hieß es nun; außerdem habe man an dem vorgesehenen ort im hofgarten inzwischen ein kriegerdenkmal aufgestellt. widerspruch zwecklos. daraufhin bemühte sich der mainzer oberbürgermeister georg oechsner, ein freiheitskämpfer von 1848, das denkmal nach mainz zu holen. doch auch seine stadträte lehnten den antrag mehrfach und dann endgültig ab, nachdem u.a. die konservative kreuzzeitung in der errichtung ein „denkmal deutscher schande“ und einen „triumph des weltjudenthums“ sah und das mainzer journal „mord und totschlag“ voraussagte, sollten die stadtverordneten für das denkmal stimmen. die bösartige propaganda siegte und sorgte dafür, dass dem zum christentum konvertierten deutschen dichter heine weder in seiner geburtsstadt, noch sonst wo im deutschen reich ein denkmal zum 100. geburtstag errichtet wurde.

es ist dem deutschen gesangsverein „arion“ in new york und dem ausgewandertetn 1848er-revolutionär carl schurz zu verdanken, dass der loreley-brunnen überhaupt realisiert wurde. die sänger finanzierten die ausführung des entwurfs, dessen neue inschrift nun lautet: „ihrem großen dichter die deutschen in amerika“ (das denkmal steht im joyce-kilmer-park, südbronx).

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