
sir ludwig guttmann, *3.7.1899. auch wenn uns sein name vielleicht nicht viel sagt, seine verdienste sind nicht hoch genug zu schätzen. er hat die grundlagen der behandlung querschnittsgelähmter und des reha-sports geschaffen und die paralympics erfunden.
ludwig guttmann kam aus einer orthodoxen jüdischen familie in tost (oberschlesien). nach schule und militär meldete er sich als freiwilliger helfer in einem krankenhaus und machte hier eine prägende erfahrung. er musste hilflos dem sterben eines nach einem grubenunglück gelähmten jungen bergmanns zusehen, für den die ärzte meinten, nichts weiter tun zu können. ludwig guttmann, von seinen freunden „poppa“ genannt, studierte daraufhin medizin in breslau, halle und freiburg und lernte dabei einen bereits hier gewalttätigen antisemitismus seiner nichtjüdischen kommilitonen kennen, auf den der ziemlich klein gewachsene aktiv reagierte – nämlich mit kampf- und kraftsporttraining.
nach dem studium nahm poppa eine stelle in der neurologischen klinik in breslau an. 1933 wurde er von den neuen machthabern seines chefarztpostens enthoben, arbeitete dann am jüdischen krankenhaus breslau weiter und wurde dessen direktor (während der pogromnacht 1938 versteckte er dort 64 juden). 1939 konnte der neurologe mit seiner frau und den zwei kindern nach großbritannien fliehen.
dort erregte guttmann, der zunächst an verschiedenen kliniken, u.a. in oxford arbeitete, aufmerksamkeit mit seiner kritik an der behandllung bzw. nichtbehandlung gelähmter menschen. 1943 fragte ihn die britische regierung an, ob er bereit wäre, eine erste spezialklinik für wirbelsäulenverletzte aufzubauen, deren zahlen durch den krieg mit deutschland massiv angestiegen waren. guttmann willigte unter der bedingung ein, die behandlungen nach seiner methode durchführen zu können. in der folgezeit (poppa war hier bis zu seiner pensionierung 1967 direktor) entwickelten er und seine kolleg*innen (mehrheitlich aus jüdische migranten aus deutschland) im teamwork die immer noch aktuellen ansätze zur behandlung und rehabilitation, auch der psychischen, denn viele der gelähmten waren am boden zerstört und hatten den lebensmut verloren. vor guttmann galten patienten mit rückenmarksverletzungen als hoffnungslose krüppel. er versuchte sie – vor allem mit körperlicher aktivierung – zu befähigen, ihren alltag „draußen“ wieder allein bewältigen und ein normales leben führen zu können. anfangs nannten ihn die soldaten „the kraut“, später wie seine freunde „poppa“.
poppa erfand für sie das rollstuhl-polo und organisierte 1948 – bewußt zeitgleich mit den olympischen spielen in london – den ersten bogenschießwettbewerb zwischen 16 ex-soldaten und soldatinnen mit rückenmarksverletzungen. in den nächsten jahren weitete er die veranstaltung sukzessive und international zu den (nach seinem krankenhaus benannten) „stoke mandeville games“ aus. mit den games 1960 in rom, an denen dann schon über 400 athleten aus 23 ländern teilnahmen, war ludwig guttmann am ziel seiner träume: er konnte die ersten paralympischen spiele eröffnen, die seitdem im selben turnus wie die gewöhnlichen olympischen spiele stattfinden…
der „coubertin der behinderten“, seit 1966 sir guttmann, starb 1980 in großbritannien.
fotos: poppa und einige seiner athleten 1948 und 1976
