Stachanows Schicht

seinen namen kennt jeder, der irgendwo im ostblock aufgewachsen ist. der sowjetische bergmann alexei stachanow förderte am 31. august 1935 in einer einzigen schicht 102 tonnen steinkohle, übererfüllte damit die norm um das 13fache und wurde zum aushängeschild einer ganzen nach ihm benannten planübererfüllungsbewegung. die ddr hatte ihren stachanow: adolf hennecke; polen hatte wincenty pstrowski; china hatte wang jinxi usw. aber zurück zum original:

ausgedacht hatte sich den rekordversuch der leiter der fabrikparteiorganisation, ein mann namens konstantin petrow, der ungern in ein arbeitslager geschickt werden wollte, weil seine mine eine der am wenigsten effizienten im ganzen donbass war. keiner der bergleute hatte bock auf die aktion, aber am ende fand sich ein freiwilliger – andrej stachanow – und halfen ein paar tricks: der rekordversuch wurde nachts aufgestellt, als ansonsten niemand in der mine arbeitete und stachanow hatte sieben helfer, deren „output“ zu seinem konto hinzugerechnet wurde.
ein teil der menge, die sich dann am morgen vor der mine versammelte, gratulierte ihm, der andere teil wollte ihm den hals zu brechen, weil er die norm versaut hatte. stachanow musste nach hause fliehen und sich verstecken. davon war dann natürlich nicht die rede, als am nächsten tag in der „prawda“ die notiz erschien, der hauer „alexej“ stachanow habe einen wahnsinnsrekord aufgestellt und sich nachricht und name wie ein lauffeuer verbreiteten. andrej stachanow beschwerte sich zwar, dass sein vorname falsch wiedergegeben worden war, aber stalin gefiel „alexej“; stachanow bekam einen neuen pass und hatte seinen alten name zu vergessen. der 30jährige bauernsohn ohne schulabschluß erhielt eine dicke prämie, ein pferd, ein häuschen und ein paar orden, wurde abteilungsleiter für sozialistischen wettbewerb im ministerium und landesweit herumgereicht (schließlich widmete ihm gar die „times“ ein cover).

glücklich wurde „alexej“ stachanow nicht. stalin hatte ihm schon kurz nach dem rekord mitteilen lassen, er wünsche, dass stachanow sich von seiner frau trenne, da die eine negative einstellung zur arbeit und dem sozialistischen system habe. wenig später beendete die staatsverwaltung die ehe ohne stachanows wissen (er selbst verliebte sich dann in eine galina, die er heiratete). stachanow bekam auch weiter posten und titel, musste aber in den 1950ern auf befehl chruschtschows moskau verlassen, weil er als schwerer trinker – seine kollegen nannten ihn „stakanov“ (stakan = glas) – zumindest in natura nicht mehr als vorbild taugte. in seinen letzten jahren versank stachanow in depressionen, alkohohl, einsamkeit und wahnvorstellungen. nach seinem tod 1977 wurde die ukrainische stadt kadijiwka in „stachanow“ umbenannt (2016 rückbenannt).

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