wenn ich richtig gezählt habe, ist caroline schelling-schlegel (geb. michaelis, *2.9.1763 göttingen) in den 46 jahren ihres lebens 16 mal umgezogen, war (ungezählt)fach verliebt, dreimal verheiratet, hat vier kinder geboren (eins davon war möglicherweise von herrn goethe), saß als sympathisantin der französischen revolution und der mainzer republik 1793 drei monate im gefängnis und wurde noch zehn jahre später überwacht. wo auch immer sie lebte, war die außergewöhnliche frau, die sich den konventionen entzog und nicht nur „weib“ sein wollte, einerseits gesellschaftlich geächtet, ihr haus zugleich aber ein zentrum der literaten, in der zeit der frühromantik vielleicht d a s zentrum. hier trafen sich novalis, brentano, tieck, goethe, fichte, w.v. humboldt, tischbein (von ihm ist das gemälde) und andere. die „muse“ polarisierte. die einen nannten caroline eine „leichtfertige frau“, ein „verworfenes geschöpf“, eine „hyäne“ (schiller); für die anderen war sie eine „politisch-erotische natur“ von „überlegenem verstand“ (friedrich schlegel)…
die jahre ihrer ehen mit dem philologen august wilhelm schlegel und dem philosophen friedrich schelling waren ihre produktivsten und wohl glücklichsten: mit schlegel zusammen übersetzte sie sechs der bekanntesten werke shakespeares, las und exzerpierte bücher für ihn, entwarf ganze absätze seiner essays und rezensionen, freilich ohne irgendwo erwähnt zu werden. allein ihre rezensionen in der jenaer „allgemeine literaturzeitung“, im „athenäum“ und ähnlichen blättern tragen ihren namen. caroline hatte großen einfluß auf schlegels denken, seine auseinandersetzung mit den revolutionsideen und seinen für die zeit a-typischen blick auf frauen (dazu schlegels „über die diotima“, in dem er das rousseauʼschen frauenbild revidiert und für das gesellschaftliche zusammenwirken der geschlechter plädiert); in die eigenen ehe umsetzte diesen appell aber erst friedrich schelling, dem caroline tatsächlich gleichwertige partnerin, anregerin und geliebte zugleich war. als sie 1809 starb, war er untröstlich und beschrieb sie in seinem nachruf als „seltenes weib von männlicher seelengröße, von dem schärfsten geist, mit der weichheit des weiblichsten, zartesten, liebevollsten herzens vereinigt“.
wen ihre klugen, lebendigen briefe an oder über humboldt, goethe, schiller, dorothea veit, tieck, fichte, herder, schleiermacher usw. interessieren, findet hier eine schöne auswahl: „caroline schlegel-schelling – ein lebensbild in briefen“, sigrid damm 2009

