David, il gigante

am 8. september 1504 wird eine skulptur in florenz enthüllt, die zur berühmtesten statue der kunstgeschichte werden sollte. auch wenn ihr kopf und ihre hände zu groß wirken. denn eigentlich sollte sie in luftiger höhe auf dem domchor von santa maria del fiore stehen. und aus dieser untersicht hatte michelangelo auch ihre proportionen berechnet. doch die kommission, der u.a. botticelli und da vinci angehörten, entschied kurz vor der fertigstellung plötzlich, den 5,17 meter hohen, fast sechs tonnen schweren david ebenerdig vor dem palazzo vecchio auf der piazza della signoria aufstellen zu lassen.  

der riesige block aus carrara-marmor hatte zuvor bereits fast 40 jahre rumgelegen und alle beauftragten künstler hatten sich die zähne an ihm ausgebissen. michelangelo nun schuf aus ihm einen schönen, hüllenlosen, gut gebauten jüngling, der so gar nicht zu der biblischen beschreibung eines eher schwächlichen schafhirten passte, zugleich aber statt einer physischen eine geistige kraft andeutete. diese darstellung war riskant und mutig. zum einen hatte genau 60 jahre zuvor der david von donatello, die erste nacktfigur europas seit der antike, wegen ihrer homoerotischen ausstrahlung für skandale gesorgt und stand florenz noch unter dem eindruck der schreckensherrschaft des bußpredigers savonarola, der einen fanatischen feldzug gegen kunst, luxus und schwule geführt und alle „gottlose machwerke“ (d.h. unzählige kunstschätze) in seinem „feuer der eitelkeiten“ hatte zerstören lassen. zum anderen waren die mächtigen medici 1494 aus florenz vertrieben worden und lauerten auf eine gelegenheit, die macht wieder an sich zu reißen, und es gab all die anderen untereinander verstrittenen alten florentiner geschlechter, die ihre machtansprüche nie aufgegeben hatten. michangelos willensstarker, entspannt wirkender riesendavid nun, der eher wie ein goliath aussah und dessen persönlichkeit und nicht das schwert ihm zum sieg verholfen hatte, ließ sich als ansage der republikanischen zunftregierung (der signoria) deuten, als weithin sichtbares, politisches statement und einschüchterungsversuch: wir sind gewillt, den kampf zu gewinnen und am ruder zu bleiben. auf dem weg zum dom bewarfen an diesem 8. september 1504 wütende bürger „il gigante“ dann auch mit steinen, so dass die signoria wachen aufstellen musste. dennoch wurde david für kurze zeit zum wahrzeichen der freien florentiner. doch schon 1512 kehrten die medici zurück. eines der ersten dinge, das bei ihrer erneuten machtübernahme zu bruch ging, war michelangelos david. er verlor einen arm, der aber später restauriert wurde. nach 350 weiteren jahren war die oberfläche der skulptur durch witterung und vogelexkremente so beschädigt, dass die florentiner ihr einen eigenen kuppelraum spendierten und auf der piazza eine kopie aufstellten, die man seitdem millionenfach auf postkarten, kaffeebechern, spielkarten oder (ihr unterteil) auf kochschürzen bewundern kann.

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