man kann aus hannover kommen und trotzdem was werden – wie emil berliner, der am 4.9. 1883 das patent auf den parkettboden bekam und dem wir vor allem zwei andere erfindungen zu verdanken haben: die schallplatte und das grammophon.
„berliner“ hieß emils familie, weil sein uropa jakob abraham joseph sich diesen nachnamen gegeben hatte, als er knapp hundert jahre vor emils geburt (1851) aus berlin nach hannover eingewandert und dort „schutzjude“ geworden war. emils uropa und seine frau betrieben einen koscheren mittagstisch, sein opa moses einen stoffladen und sein vater samuel ebenfalls ein textilgeschäft.
samuel und sally berliner hatten außer emil noch elf weitere kinder, die sie mit ihrem laden aber kaum ernähren konnten. emil ging nur fünf jahre zur schule, machte eine kaufmännische lehre und musste dann mithelfen, die familie zu ernähren. um nicht eingezogen zu werden, schiffte sich emil mit 19 in hamburg auf dem hapag-dampfer „hammonia“ ein und fuhr ins gelobte land. erst arbeitete er bei einem freund seines vaters, dann in einem drugstore und machte hier seine „erste amerikanische erfindung“, ein mixgetränk aus kaffee, sirup und schokolade, das sich blendend verkaufte. aber emil (nun emile) interessierte sich mehr für elektrizität und akustik, begann als flaschenspüler in einem labor und studierte und bastelte in der übrigen zeit. er war fasziniert von den versuchen, den klang der menschlichen stimme auf elektrischem weg zu übertragen. alexander graham bell hatte 1876 seine sprechanlage vorgestellt und sie als telefon zum patent angemeldet. doch emil bastelte weiter mit zwei seifenkisten und einige drähte an seiner version, erst in seinem zimmer, dann im haus, schließlich in der nachbarschaft (wo er cora adler kennenlernte, die seine frau wurde) und meldete ein jahr später eine eigene fernsprechmuschel zum patent an. das mikrofon war so gut, dass bell ihm die auswertung des patents abkaufte. und berliner sich ein eigenes labor einrichten konnte…
der große coup gelang ihm 1887: thomas alva edison hatte ein jahr zuvor einen zylinderförmigen tonträger erfunden, der allerdings einzeln bespielt werden musste und damit für normalverbraucher unerschwinglich war. emile berliner nun kam auf die idee, stattdessen einen flachen scheibenförmigen tonträger zu benutzen, in den von außen nach innen schneckenförmig über eine nadel die mechanischen schwingungen der aufnahme-membran in eine rille geritzt und so konserviert wurden. anfangs verwendete er eine einseitig bespielte mit wachs überzogene zinkplatte (von der ein negativ hergestellt wurde, aus dem sich beliebig viele positive formen ließen), dann hartgummi und später ein gepresstens gemisch aus baumwollflocken, schieferpulver, ruß und schellack, das dann auch zweiseitig bespielt werden konnte (also das prinzip, einschließlich der 78 umdrehungen pro minute, das mehr oder weniger unverändert über 60 lahre lang für die herstellung von schallplatten verwendet wurde). gleichzeitig hatte sich berliner ein gerät ausgedacht, das die platten abtastete und die töne wieder hörbar machte. das nannte er „grammophon“, während er den tonträger in seiner muttersprache „schallplatte“ taufte.
berliner gründete diverse grammophon-gesellschaften und tonstudios in den usa und kanada, 1898 in hannover auch die „deutsche grammophon-gesellschaft“ und 1900 das label „his master’s voice“ samt markenzeichen: der foxterrier, der in den schalltrichter eines grammophons lauscht…
die sache mit dem o.g. parkettboden ließ sich berliner sozusagen zwischendurch einfallen. genauso wie vieles andere, u.a. einen leichtgewichtmotor für flugzeuge, den ersten flugfähigen helikopter („gyrocopter“ 1909) und die „akustischen fliesen“ (1926), denn als musikliebhaber störte ihn die schlechte akustik vieler konzertsäle und seine steinharten fliesen aus porösem zement mit der resonanz von holz waren so wirkungsvoll, dass sie vor der zeit der modernen beschallungssysteme in zig konzertsälen verbaut wurden.
emil berliner starb 1929, die wünsche für seine beerdigung hatte er vorher aufgeschrieben: „wenn ich gehe, möchte ich keine teure beerdigung. das ist fast kriminelle geldverschwendung. ich möchte, dass alice den ersten teil der mondscheinsonate spielt und am ende josephine vielleicht chopins trauermarsch. gebt etwas an ein paar arme mütter mit babys und begrabt mich bei sonnenuntergang. ich bin dankbar, dass ich in den usa gelebt habe, und sagt meinen kindern und enkeln, dass sie nach seelenfrieden (peace of mind) streben sollten“.

