stanisław lem. *13.9.1921
hitler wollte ihn umbringen, weil er aus einer jüdischen, stalin, weil er aus einer polnischen intellektuellen-familie stammte. wojciech orliński hat eine neue lem-biografie geschrieben, die viele bis dato unbeachtete aspekte auch dazu aufgreift:
sein erstes buch „der mensch vom mars“ schrieb lem 1943/44 im versteck im besetzen lemberg, für ein leben auf der arischen seite waren seine falschen papiere als „jan donabidowicz“ nicht gut genug. herausgeben konnte er es dann erst nach dem krieg in kraków. sich auf die arbeit an dem buch zu konzentrieren sei wohl vor allem eine überlebensstrategie gewesen, so sein biograf.
lem hat selbst kaum über den krieg gesprochen. aber in der weniger bekannten erzählung „zwischen den toten“ und in anderen werken hallen seine erlebnisse vielfach nach. lem hat zwei pogrome in lwów überlebt, wurde von den deutschen auf der straße aufgegriffen und musste keller von leichen säubern. die leichenberge kommen in seiner prosa wie ein refrain immer wieder zurück, manchmal mit grausigem humor wie in den „sternentagebüchern“ oder in „kyberiade“, sogar in „solaris“. auch in „eden“, das auf einem anderen planeten spielt, entdecken die helden ein massengrab, dessen topographie an das judenlager in lemberg erinnert. so wie an anderen stellen in seinen büchern die helden von einer art interplanetarischen SS verfolgt werden…
lem hat nicht darüber geredet. aber die meisten seiner verwandten starben in der schoa, und einer, seweryn kahane, mit dem er das versteck in lwów teilte, noch im juli 1945 bei dem pogrom in kielce. der polnische hass, der dem deutschen folgte, war der grund, glaubt sein biograf, warum er über seine herkunft und seine erlebnisse nicht sprach.
1968, als die antisemitische propaganda auf dem höhepunkt ankam, dachte er sich in der „stimme des herren“ seinen professor rappaport aus, der als überlebender eines massakers in die usa emigrierte. lem selbst wollte sich 68 „outen“ und einen pass für israel beantragen. die geburt seines sohnes tomasz hielt ihn am ende ab…
in vielen texten und gesprächen lems tauchen mehr oder weniger makabre scherze zum thema selbstmord als einfachster lösung vieler probleme auf… letztlich starb er eines natürlich todes 2006 in kraków.

