Der Gründer der Comedian Harmonists

„schöne isabella von kastilien, pack deine ganzen utensilien“ … 

angefangen hatte alles mit einer zeitungsanzeige, die der junge sänger und arrangeur harry frommermann (*12.10. 1906) am 28. dezember 1927 im berliner lokal-anzeiger aufgegeben hatte: „achtung. selten. tenor, baß (berufssänger, nicht über 25), sehr musikalisch, schön klingende stimmen, für einzig dastehendes ensemble, unter angabe der täglich verfügbaren zeit gesucht.“ zwei tage später dann großes vorsingen in frommermanns dachkammer in der stubenrauchstraße 47 in berlin-friedenau. trotz des großen andrangs (ca. 70 interessenten, darunter auch johannes heesters) findet frommermann nur einen geeigneten kandidaten, den baß robert biberti, der bald aber weitere sänger anschleppt. im januar 1928 die ersten proben, und im mai bereits der erste plattenvertrag. und dann geht alles schlag auf schlag.

die boygroup selbst kann ihren erfolg kaum fassen. hatten sie alle sich zuvor mit gelegenheitsjobs über gasser gehalten, strahlen sie nun schon bald von jeder plakatsäule.
mit dem glücklichen zusammentreffen von musikalität, komik und der übersteigerung gängiger musikalischer klischees, die so kompliziert wie lässig arrangiert waren, hatten sie einen völlig neuen stil kreiert – zeitlos und unverwechselbar. hinzu kam die bandbreite ihres repertoires – von jazzig bis elegisch, von frivolem dada-nonsens und schnulze bis operette und volkslied-klassiker. die harmonists waren gut für die nachtbar, und gut für die philharmonie.
mit klavierbegleitung oder a capella – jede ihrer nummern hatte witz und esprit, war eine lustvolle und perfekte inszenierung all ihrer talente, eine präzis vokalisierte mischung der stimmen, die ein einmaliges klangbild und eine völlige einheit bildeten. eine hart erarbeitete einheit, die gegen die rivalitäten der männer bestehen mußte, die sich gegenseitig zu übertreffen versuchten und doch erst und nur als ensemble einzigartig waren.

und dessen erfolg war überwältigend. die harmonists fanden ein millionenpublikum, verdienten in der zeit der großen rezession mit einem völlig unpolitischen programm weltweit irrsinnige summen. und kamen nicht auf die idee, daß sich der „neue frühling“, den sie als tribut an den zeitgeist besangen, auch gegen sie richten würde. noch bei ihren letzten, mit sondergenehmigung erwirkten auftritten in deutschland 1934 – sie waren die letzten juden, die in deutschland vor nichtjüdischem publikum auftreten durften – saßen nazibonzen in der ersten reihe, gab es standing oviations und sprechchöre der sympathie. zu der zeit hatten bereits viele veranstalter vereinbarte konzerte abgesagt. der kantorensohn harry frommermann, der getaufte erich collin und der aus polen stammende roman cycowski hatten bereits berufsverbot und das publikum konnte das eintrittsgeld wegen der „jüdischen elemente“ zurückverlangen. es folgten noch ein paar konzerte im ausland, und dann die trennung – für immer.
robert biberti, der seine jüdischen kollegen für den verdienstausfall verantwortlich machte undnoch jahrelang ihre tantiemen kassierte, der bulgare ari leschnikoff und erwin bootz, der sich von seiner jüdischen frau scheiden ließ, gründeten mit drei neuen sängern das „meistersextett“. aber auch bei ihnen durfte veronikas „spargel“ bald nicht mehr wachsen – denn die meisten ihrer alten hits hatten juden geschrieben. die jüdischen musiker formierten sich in wien neu und sangen als „comedy harmonists“ auf allen fünf kontinenten noch solange die politische lage in den gastländern dies erlaubte.
beide nachfolgegruppen lösten sich 1941 fast zeitgleich auf. keinem gelang es je wieder an den gemeinsamen erfolg anzuknüpfen, wenngleich roman cycowski in den usa noch einmal eine bemerkenswerte karriere als kantor machte.

und harry frommermann? der versuchte als harry frohman noch mehrfach neue ensembles zu gründen, scheiterte aber jedes mal. nach kriegsende kam er vorläufig zurück nach berlin, arbeitete als übersetzer (u. a. beim nürnberger prozess), ging nach zürich, versuchte sich erfolglos als immobilienmakler und auch ein weiterer versuch, ein neues ensemble aufzubauen, missglückte. frommermann landete schließlich wieder in new york, arbeitete als packer im hafen, baute später in einer farbrik alamaranlagen zusammen und jobbte als hilfsbuchhalter, taxifahrer und küchenmöbelverkäufer. 1962 kehrte harry frommermann schwer krank nach deutschland zurück und starb 1975 mit 69 jahren in bremen.

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