am 31. oktober 1923 meldet wilhelm kollhoff, inhaber eines zigarettenladens in der berliner turmstraße, als erster rundfunkkteilnehmer im deutschen reich sein radio an. wegen der hyperinflation kostet ihn der spaß 350 milliarden mark. der mann auf dem foto aber ist siegmund loewe…
er ist die treibende kraft hinter der geburt des deutschen rund- und fernsehfunks. siegmund und seine brüder david und bernhard, söhne des jüdischen arztes ludwig loewe und seiner evangelischen frau emilie ernestine oxen, gründen 1923 in der friedenauer niedstraße die firma radiofrequenz gmbH, dann weitere firmen zur herstellung von elektronenröhren, lautsprechern und widerständen und den „deutschen radioklub“.
im märz 1923 führen sie reichspräsidenten ebert im labor von siegmund loewe in der gitschiner straße eine drahtlose rundfunkübertragung vor. der ist schwer begeistert und lässt durch hans bredow den direktor des telegraphentechnischen reichsamtes beauftragen, schnellstmöglich und kostenneutral einen ersten rundfunksender bauen zu lassen. als sendeort wird eine dachkammer im vox-haus in der potsdamer straße ausgeguckt und zum aufnahmeraum umfunktioniert. es ist ein bißchen wie bei den pfadfindern: loewe teilt das zimmer mit wolldecken, kleidet es zur schalldämpfung mit violettem krepppapier aus, positioniert das mikrofon auf einem stuhl und bringt es mittels adreßbüchern auf die passende höhe.
am 29. oktober 1923 ist es soweit. die erste „radio-stunde“ geht über den sender: „achtung, achtung, hier ist berlin auf welle 400 meter! wir machen ihnen davon mitteilung, dass am heutigen tage der unterhaltungs-rundfunkdienst auf drahtlos-telefonischem wege beginnt. die benutzung ist genehmigungspflichtig“. es folgen instrumentalstücke auf cello und geige und ein paar arien, die der tenor alfred wilde ins mikro schmettert, und zum schluss das deutschlandlied vom grammophon, gefolgt von der ansage: „wir wünschen ihnen eine gute nacht! vergessen sie bitte nicht, die antenne zu erden!“
„hörer nr. 1“, der erste, der (s)ein radio offiziell anmeldet, ist, wie oben erwähnt, zwei tage später der zigarrenhändler kollhoff. weitere zwei monate später sind es bereits 500 rundfunkteilnehmer plus ungezählte schwarzhörer.
die brüder loewe sind experimentierfreudige spezialisten, allen voran siegmund, der wegen seiner modernen methoden in der englischsprachigen literatur „deutscher henry ford“ genannt wird. ihm und seiner „loewe-dreifachröhre“ ist 1926 auch der erste wirklich preiswerte radioempfänger zu verdanken, den sich nun auch normalsterbliche leisten können; von diesem ersten „volksempfänger“ – loewes „ortsempfänger 333“ für 36,50 reichsmark – werden über eine million stück verkauft.
loewe versammelt in seinem labor fähige mitarbeiter um sich, u.a. 1923 den damals 16-jährigen autodidakten manfred von ardenne, mit dem er die ersten mehrsystemröhren entwickelt, aber auch das fernsehgerät, das ardenne 1931 am loewe-stand auf der berliner funkausstellung vorführt. diese erste kabellose fernseh-übertragung, grundstein des heute bekannten fernsehens, bringt es auf die titelsite der new york times…
zwei jahre später kommt hitler an der macht. unmittelbar danach beginnen die öffentlichen attacken auf die loewes. david legt die geschäftsführung nieder und emgriert als erster noch 1933 nach großbritannien, bernhard folgt ihm. siegmund bleibt vorerst, lagert anteile aus, versucht, die firmenpatente für den amerikanischen markt zu retten und gründet dort die loewe radio inc., während die firmen bosch und zeiss ikon versuchen, loewe aus der gemeinsamen forschungsgesellschaft fernseh ag herauszudrängen. 1938 ist es endgültig vorbei, die firma wird „arisiert“ und siegmund loewe, während er auf einer geschäftsreise ist, aus dem vorstand geworfen (bei ardenne liest sich das etwas anders: loewe „schied aus“). siegmund loewe bleibt in den usa. die nazis nennen die firma, weil ihnen „loewe“ zu jüdisch klingt, erst in löwe (mit umlaut) radio ag und schließlich in opta radio ag um.
zehn jahre später, 1948, betritt der inzwischen 63jährige siegmund loewe erstmals wieder deutschen boden. er bekommt den betrieb rückübertragen und nennt ihn loewe opta. die firma seiner nachfolger hat 2019 wegen insolvenz die produktion eingestellt, wird inzwischen aber von russen mit firmensitz auf zypern und wohnsitz in der schweiz weiterbetrieben.

