Goldrausch und Fotografie

der glückspilz auf den ersten beiden bildern hat am 19. oktober 1872 in australien den (bisher) größten goldklumpen aller zeiten gefunden. genau genommen war es kein nugget, sondern ein goldquarzbrocken mit sehr hohem goldgehalt – anderthalb meter hoch, 60 cm breit, 285 kilo schwer, feingoldgehalt etwa 57 kilogramm (nach heutigem stand etwa 4 mio euro wert). und genaugenommen war der entdecker auch nicht der entdecker, sondern der (mit)besitzer der mine. aber er ließ sich als erster mit ihm fotografieren, der brocken machte ihn reich, und so heißt er bis heute nach ihm „holtermann nugget“. bernhardt otto holtermann (1838–1885) stammte aus hamburg, war der sohn eines wildhändlers, hatte keinen bock auf das preußische militär und wanderte mit 20 nach australien aus. holtermann jobte als stallknecht und kellner in sydney und ließ sich bald vom goldrausch anstecken. er lernte einen deutschpolen kennen, hugo ludwig luis beyers, der bereits erfahrungen als goldgräber hatte. die beiden kauften 1861 eine parzelle beim goldgräberort hill end in der nähe der stadt tambaroora, nannten sie „star of hope mine“ und gruben hier, immer wenn sie genug geld mit anderen aushilfsjobs verdienten hatten, und zwar zehn jahre lang ziemlich erfolglos. die männer hausten in notdürftig zusammengezimmerten holzhütten in erbärmlichen verhältnissen. bis eben zu diesem 19. oktober 1872…
während sich beyers mit seinem reichtum zur ruhe setzte (sie waren inzwischen „verwandt“, hatten am selben tag zwei schwestern, harriet und mary emett, geheiratet), legte bernhardt holtermann erst richtig los. er eröffnete läden, machte ein hotel auf, setzte sich für die rechte der einwanderer ein, wurde in das parlament von neusüdwales gewählt, baute schulen und krankenhäuser, vertrieb seine life preserving drops (lebenserhaltende tropfen) nach dem rezept eines deutschen arztes, verkaufte deutsches lagerbier, nähmaschinen und „telegraphische geräte“.
vor allem aber widmete er sich seiner eigentlichen leidenschaft, für die er in australien bis heute berühmt ist: der fotografie. nachdem holtermann den fahrenden fotografen henry beaufoy merlin und seinen assistenten charles bayliss kennengelermnt hatte, kümmerte er sich nicht mehr um seine goldmine. er gründete das studio „american & australasian photographic co.“ (A&A) in hill end, stellte die beiden an und die fotografierten die besiedlung und das geschehen auf den goldfeldern. außerdem fertigten sie die ersten panoramabilder von sidney an, um einwanderer nach australien zu locken. eines, ein auf eine stoffrolle montiertes 9,78 meter langes bild, wurde auch auf der weltausstellung in philadelphia 1876 ausgestellt. die panoramabilder, für deren herstellung holtermann in sydney ein palastartiges gebäude mit einem 27 meter hohen turm hatte bauen lassen, sind verloren gegangen. aber 1951 wurden 3500 glasplatten-negative in einem gartenhaus in sydney wiederentdeckt. sie sind die bis heute umfassendste und detaillierteste aufzeichnung des lebens auf den australischen goldfeldern des 19. jahrhunderts und inzwischen in die liste des unesco-weltkulturerbes eingetragen.

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