jeannette schwerin *21.11.1852, ist eine fast vergessene berliner sozialreformerin und frauenrechtlerin, mit deren engagement ein paradigmenwechel von der armenfürsorge zur modernen sozialarbeit einsetzte.
jenannette schwerin stammte aus einer begüterten sephardischen familie, der vater eduard abarbanell (aus der familie des spanischen gelehrten juda abarbanell) war arzt und hing den ideen der märzrevolution an, die mutter johanna henriette wolffenstein engagierte sich in jüdischen vereinen, die es infolge der ausgrenzung aus dem bürgerlichen leben zuhauf innerhalb der jüdischen gesellschaft gab. nach der höheren töchterschule besuchte jeanette in berlin die von lina morgenstern gegründete akademie zur wissenschaftlichen fortbildung für junge damen, heiratete mit 20 den ebenso sozial eingestellten sanitätsrat ernst schwerin, und stürzte sich, nachdem ihr kränklicher sohn groß genug war, in ihr lebensthema: frauenrechte und soziale arbeit.
schwerin war in x vereinen aktiv, u.a. mitgründerin der „deutschen gesellschaft für ethische kultur“, die die soziale verantwortung der gesamten gesellschaft für das wohl der (zum beginn des industriezeitalters in massen) verelenden bevölkung proklamierte und die private wohltätigkeit reformieren und professionalisieren wollte, und der mädchen- und frauengruppen für soziale hilfsarbeit (zusammen mit minna cauer), die das selbe ziel hatte. vor allem bekämpfte sie den „gefährlichen dilletantismus“ von „wohltätigkeitsdamen“ und ihren „wohltätigkeitsport“, denn für wohlfahrt zu sorgen sei „nicht gnade, sondern pflicht der bessergestellten“.
weil das berliner hilfesystem so chaotisch wie planlos war, richtete sie eine auskunftsstelle ein, die informationen über die wohlfahrtseinrichtungen bündelte, um bedürftigen besser und schneller helfen zu können. aus der ging die berliner zentrale für private fürsorge hervor (heute deutsches zentralinstitut für soziale fragen); die stelle wurde allein im ersten jahr von über 1100 familien in anspruch genommen.
weiter gab schwerin den anstoß zur einrichtung der ersten öffentlichen lesehalle. sie setzte auf bildung und theoretische wie praktische ausbildung von frauen, forderte immer wieder deren gleichbehandlung und teilhabe (wie zb. als gewerbeinspektorinnen für arbeitsschutz in den fabriken) und reichte noch kurz vor ihrem tod (bei der beerdigung wurde eine gewerkschaftsfahne über ihrem grab gesenkt:) eine petition für das frauenstudium beim preußischen landtag ein.
als schwerin 1899 mit 47 jahren starb, wurde ihre weitaus bekanntere schülerin alice salomon ihre nachfolgerin.

