Partisanen-Fotografin

fajgel schulman ist, soweit bekannt, die einzige fotografin, die das leben der partisanen in den wäldern dokumentiert hat. sie wurde am 28. november 1919 in lenin geboren, einem städtchen an der polnisch-russischen grenze, das heute in weißrussland liegt und nicht nach waldimir iljitsch, sondern nach einem mädchen namens lena benannt ist, das sich hier aus liebeskummer in den fluß gestürzt haben soll. 

fajgel lernt das fotografieren und entwickeln von filmen von ihrem buder moische, und assistiert ihm in seinem laden. 1940 besetzt die rote armee lenin, 1941 löst die wehrmacht sie ab. die ersteren hatten schon einen teil der bevölkerung nach sibirien verschleppt, jetzt machen die deutsche sich über die juden her. ein teil wird sofort erschossen, der rest in ein ghetto gesperrt. faigel muss, ihre bruder ist geflohen, für die deutschen fotografieren und bilder entwickeln. „sie waren besessen davon, ihre aktionen zu dokumentieren“, erzählt sie später.
im august 42 erschießen sie in lenin 1850 juden, darunter fajgels eltern, drei ihrer geschwister und deren familien. ihre kleinen neffen und nichten werden lebend in den graben geworfen: „die nazis verschwendeten keine kugeln an kinder“, so fajgel, die eine der 26 überlebenden ist und dazu gezwungen wird, die fotos, die die deutschen während des massakers gemacht haben, zu entwickeln. auf einem bild entdeckt sie ihre familie in einem massengrab. sie versteckt einen der abzüge und schwört rache.
dann überfallen die partisanen auf der suche nach lebensmitteln die stadt. fajgel flieht mit einer gruppe russen in den wald und findet die partisanengruppe. die wollen keine frau, zumal jüdin und unbewaffnet. weil ihr schwager arzt ist, nehmen sie aber an, sie hätte medizinische kenntnisse, und so darf sie doch bleiben. sie ist die einzige frau unter vierzig oder fünfzig männern der „brigade molotov“. fajgel lernt schießen, vor allem aber ihren ekel vor blut und wunden zu überwinden – und wird als krankenschwester eingesetzt.
als ihre einheit lenin einnimmt, holt sie sich ihre fotoausrüstung zurück. in den nächsten zwei jahren macht sie über hundert fotos. sie stellt ihr eigenes stopbad und fixiermittel her, entwickelte die negative nachts unter decken und fertigt tagsüber „sonnendrucke“ an (sie legt das negativ neben fotopapier und hält es gegen die sonne).  
fajgels bilder zeigen eine seltene seite des partisanenlebens. oben drei beispiele: fajgel 1944 mit drei jüdischen partisanen bei einem unerwarteten wiedersehen im wald – lachend, weil jeder vom anderen geglaubt hatte, er sei tot; faigel bei einer operation (im winter 1944 herrschten bis 40 grad minus, fajgel musste hauptsächlich abgefrorene gliedmaßen behandeln); und eine beerdigung – hier werden trotz des starken antisemitismus in der gruppe zwei jüdische zusammen mit zwei russischen partisanen in einem grab beigesetzt. 
am 14. juni 1944 befreit die brigade molotov die ehemals polnische stadt pinsk. die einheit löst sich auf. faigel fühlt sich wie viele ex-partisanen amputiert. die familie tot und was soll sie mit der freiheit? sie heiratet einen gleichgesinnten jüdischen partisanen. aber die beiden wollen nicht bleiben, polen ist ein „friedhof“. sie leben die nächsten drei jahre im dp-lager in landsberg und wandern 1948 nach kanada aus. einige der wichtigsten negative nehmen sie mit: „ich wollte, dass die leute wissen, dass es widerstand gab. die juden sind nicht wie schafe zum schlachten gegangen. ich war fotograf. ich habe bilder. ich habe beweise.“
fajgel (faye) schulman starb 2015 in toronto.

Hinterlasse einen Kommentar