Eulen-Mythen


obwohl eulen (verglichen mit krähen oder papageien) doch ziemlich blöd sind, gelten sie gemeinhin als inbegriff von klugheit und weisheit. mit ihrem flächigen gesicht, den augenbauen, den runden augen und ihrem stoisch, abgeklärt oder beobachtend wirkenden blick sind sie menschen ja tatsächlich etwas ähnlich. kein wunder also, dass den eulen (manchmal vermeintlich) menschliche eigenschaften wie intelligenz und weisheit angedichtet und ihr außerordentlich gutes hör- und sehvermögen mit einem scharfen verstand und der fähigheit, verborgenes zu erkennen, gleichgesetzt wurden.
in der griechischen mythologie war die eule die begleiterin von pallas athene, der göttin der weisheit (die ihrerseits als „glaukopis“, also „eulenäugig“, „helläugig“ oder als „diejenige, die wie eine eule sehen kann“ galt) und dementsprechend häufig auf fresken, statuen oder münzen abgebildet (auf der griechischen 1-euro-münze finden wir sie auch heute wieder). in der römischen mythologie war sie analog dazu die „geschäftsführerin“ der weisheitsgöttin minerva, weil ihr nachgesagt wurde, ihre augen könnten die dunkelheit des nichtwissens durchbohren.
eulen, käuze, uhus sind weltweit verbreitet und so findet man sie auch in fast allen überlieferungen. in der bibel werden diverse eulenarten erwähnt, die dort wie geier oder störche zu den unreinen tieren gehören, und nicht gegessen werden dürfen (3.+5. mose zb.); an anderen stellen (jesaja zb.) stehen sie für einsamkeit oder zerstörung infolge des gerichts gottes. bei den kelten galten eulen als symbole der weisheit und des schutzes. die indianische urvölker hielten sie je nach stamm für zukunftsseher oder beschützer. die japaner brachten sie mit der weltschöpfung in verbindung. in teilen asiens war sie eine mittlerin zwischen den welten und für die seelenwanderung zuständig. und bei den alten angelsachsen galt es der anblick einer eule als glückbringend.
spätestens im abergläubischen europäischen mittelalter aber begannen negative zuschreibungen zu überwiegen. eulen sind bekanntlich nachtaktiv, fliegen geräuschlos, halten sich gern an unheimlichen dunklen orten wie friedhöfen, ruinen oder auf alten bäumen auf und man bekommt sie am tage selten zu sehen, und wenn, dann schlafend. der nächtliche lebensstil brachte ihnen den ruf ein, todesboten zu sein, die durch ihre schreie den tod eines nahen menschen oder ein unglück ankündigen. in vielen gegenden galten eulen und käuzchen auch als botentiere von hexen und zauberern, als dämonen oder symbole des teufels. und dagegen half nur, einen eulenkörper an sein haus oder seine scheune zu nageln (auch gut gegen blitzschlag).  andernorts nahm man es praktisch. und stellte liebeszauber oder arzneien aus eulen her: eulen-fleisch half gegen gliederlähmung, eulen-brühe gegen keuchhusten und rohe eulen-eier gegen alkoholismus, während die einnahme bis zur asche verkochter eulen-eier die sehkraft verbesserte. und in england zb. hatten eulen einen status wie hierzulande „wetterfrösche“ – eine kreischende eule bedeutete, dass kaltes wetter oder sturm aufkam, hörte man sie bei schlechtem wetter, stand ein wetterumschwung bevor.  aber mit der aufklärung ging’s auch mit der eule wieder bergauf. der illuminati-orden legte sich eine auf einem offenen buch sitzende eule als wappentier zu, der alte hegel seufzte resigniert „die eule der minerva beginnt erst mit der einbrechenden dämmerung ihren flug“, die kinderbuchautoren machten sie zur klugen ratgeberin der tiere im wald, die bildende kunst entdämonisierte sie und in den „sozialen medien“ kann man bei bedarf den lieben langen tag lang filmchen mit süßen kuscheligen kleinen eulen gucken.


  

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