oscar troplowitz – *18.1.1863 – haben wir nivea, leukoplast, labello und einiges mehr zu verdanken
wahrscheinlich stammte seine familie aus dem schlesischen ort troplowitz (polnisch: opawa), war aber schon seit generationen (sie war im weinhandel und importierte vor allem tokayer und andere weine aus ungarn) in gleiwitz ansässig. oscars ururgroßvater jakob, der urgroßvater scholem, der großvater salomon, sein vater louis und er selbst waren hier geboren worden. doch louis wurde bauunternehmer und zog 1870 mit seiner familie nach breslau. auf wunsch des vaters, eigentlich interessierte er sich mehr für die geisteswissenschaften, machte oscar hier eine apothekerlehre. doch er holte auch das abitur nach und studierte pharmazie, chemie und physik, promovierte aber in heidelberg in philosophie und zum magister der freien künste. 1889 wurde er teilhaber der apotheke seines onkels und heiratete zwei jahre später dessen tochter gertrud, seine cousine. statt, wie vorgesehen, die apotheke zu übernehmen, ging oscar troplowitz nach hamburg, nachdem er in einer anzeige gelesen hatte, dass für die pharmazeutische fabrik von carl paul beiersdorf in altona ein nachbesitzer gesucht wurde, und sein schwiegervater ihm das geld zu deren kauf vorgestreckt hatte. den namen beiersdorf behielt er bei, und als er 1918 mit nur 55 jahren starb, war aus diesen betrieb mit anfangs elf mitarbeitern ein unternehmen mit 500 angestellten geworden, das in 29 ländern auf vier kontinenten filialen hatte.
wie kam’s? kern des erfolgs war troplowitz’ forscherdrang und sein labor, das von paul gerson unna, dem „vater der deutschen dermatologie“ geleitet wurde, der sich bald einen dritten hellen kopf, den chemiker isaak lifschütz, dazuholte. sie entwickelten mit dem „cito sportheftplaster« 1896 das weltweit erste technische klebeband (für kaputte fahrradreifen). 1901 folgte das medizinische klebeband „leukoplast«, ein rollenpflaster aus viskosefasergewebe (sowie 1918 das gewöhnliche heftpflaster), dazwischen 1905 die zahnpasta, 1906 die nivea-seife, 1909 der lippen pflegende „labello“ in stiftform, auch das eine absolute weltneuheit, und 1911 endlich die berühmte nivea-creme.
mit den grundbestandteilen eucarit (ein emulgator, der aus dem fett gewonnen wurde, das sich auf schafwolle ansammelt), glycerin, wasser und duftessenzen hatte die troplowitz-truppe in ihrer hexenküche solange herumprobiert, bis eine weiße creme herausgekommen war, die anders als die bisherigen kosmetischen produkte lange haltbar war und nicht ranzig wurde. „nivea« (vom lateinischen „niveus“ für „schneeweiß“) wurde blitzschnell ein renner auf dem markt. das lag auch daran, dass troplowitz massiv auf werbung setzte, reklametafeln aufstellen und busse beschriften ließ und die zeitungsinserate in einer modernen typografie gestalten ließ; 1915 ließ er den werbefilm-pionier julius pinschewer und den zeichner harry jäger für seine pebeco-zahnpasta den ersten zeichentrick-werbefilm überhaupt produzieren.
der wirtschaftliche erfolg erlaubte dem kunstliebhaber junge maler zu unterstützen (das porträt troplowitz’ in der montage stammt von franz nölken) und bilder zu kaufen. er sammelte impressionisten – renoir, sisley, slevogt, liebermann – und war der erste deutsche privatmann, der einen picasso besaß und über seinem schreibtisch zu hängen hatte, die bekannte „absinthtrinkerin“, die zuvor gertrude stein gehört hatte. (das bild haben die nazis später als „entartete kunst“ für viel geld in die schweiz verkauft; gertrud troplowitz hatte die wertvollsten gemälde der sammlung der hamburger kunsthalle vermacht.)
aber oscar troplowitz umgab sich nicht nur mit schönen bildern, er war auch „a mentsch“ und engagierte sich wie schon seine vorfahren in gleiwitz und breslau in außerordentlicher weise für soziale belange. als mitglied diverser städtischer instanzen wie des hamburger stadtrats sorgte er für die einrichtungen von zig bis heute bestehender grünanlagen in hamburg und finanzierte vor wie nach seinem übertritt zum christentum bildungseinrichtungen und krankenhäuser aller konfessionen. vor allem aber sorgte er für seine angestellten.
wie troplowitz deren arbeits- und lebensbedingungen verbessert hat, läßt sich für seine zeit nur revolutionär nennen. 1892 begann er bei vollem lohnausgleich die wochenarbeitszeit seiner belegschaft sukzessive von 60 auf 48 stunden senken. 1897 folgte eine art betriebskindergarten, eine stillstube für junge mütter und bezahlter mutterschaftsurlaub. die belegschaft bekam weihnachts- und urlaubsgeld und pausenräume, und konnte ab 1906 in eine firmeneigenen sparkasse einzahlen, die mindestens ein prozent mehr zinsen als die öffentlichen sparkassen garantierte. 1912 führte troplowitz einen kostenlosen mittagstisch ein und 1916 trotz (oder wegen) der schwierigen lage im ersten weltkrieg eine betrieblichen pensionskasse, die es bei beiersdorf heute noch gibt. oscar troplowitz war stolz darauf, dass in seiner gesamten zeit nur ein einziger mitarbeiter gekündigt hatte, weil es wegen der verbesserten produktionsabläufe an aufgaben mangelte; aber auch den stellte er wieder ein, als das unternehmen weiter wuchs. nachdem oscar toplowitz 1918 unerwartet auf der straße tot umgefallen war, führte seine witwe gertrud sein philanthropisches werk fort und verwandte übernahmen das geschäft. für das marketing der firma war übrigens viele jahre elly heuss-knapp zuständig, die frau des ersten deutschen bundespräsidenten theodor heuss. sie hat 1925 die blaue runde blechdose mit der weißer schrift entworfen, in der die nivea-creme bis heute verkauft wird und sie war es, die dafür sorgte, dass auch nach der „arisierung“ des unternehmens und der entlassung der jüdischen vorstandsmitglieder die werbemittel frei von nazi-ideologie blieben.

