Planschen in Wilmersdorf

diese schicke xxl-badehose ist mir neulich im stadtmuseum ins auge gesprungen. hab mal nachgeschaut, was es mit dem „seebad wilmersdorf“ auf sich hatte:
es gehörte otto schramm. der stammte aus einer landwirtefamilie und war im boomenden berlin in den 1870/80ern durch den verkauf von land zu einem millionenvermögen gekommen. in deutsch-wilmersdorf, damals noch ein ruhiges kaff vor den toren berlins und mit einem großen see gesegnet, hat er sich dann ein 2500-qm-filetstück am ufer gesichert und dort (da, wo sich heute die sportplätze des volksparks wilmersdorf befinden) 1879 „schramm‹s seebad wilmersdorf« eröffnet, samt holzgebäuden, umkleidekabinen, sprungbrettern, leihkähnen, speisesaal, biergarten und einem terassenförmigen park mit vielen bäumen.  in kürzester zeit pilgerte groß- und klein-berlin zu „schramm“ oder fuhr per kutsche und pferdebahn vor und der findige otto verwandelte einen teil des biergartens bald auch noch in einen tanzpalast, plus musikpavillon und kegelbahnen, und ließ feuerwerke abbrennen und militärkapellen zum tanz aufspielen, so dass nicht nur die badelustigen, sondern ganze familien zum kaffee und junge leute zum schwoofen kamen.
otto schramm, er war zweimal verheiratet und vater eines sohnes und von sechs töchtern, konnte sich gut zwanzig jahre lang an seinem berlinbekannten guten namen und dem seines etablissements erfreuen. bis er 1902, mit nur 54 jahren, an krebs starb. wenigstens blieb ihm so der niedergang seines seebads erspart. denn auch die konkurrenz schlief nicht. 1904 eröffneten die terrassen am halensee und 1909 der noch spektakulärere lunapark; damit konnte das altmodische „seebad wilmersdorf“ nicht mithalten. außerdem zog es die betuchten berliner jetzt in den grunewald und andere gegenden und der wilmersdorfer see begann zu verlanden. 1915 beschlossen die stadtväter dann auch noch, ihr müllproblem zu lösen, indem sie den see als müllhalde nutzen und zukippen ließen. bis der voll war dauerte es zwar noch sieben jahre und anfangs konnte man auch noch schwimmen und in schramms lokal sitzen, aber bald wurde der gestank unerträglich und schramms erben mussten schließen.
nach der endgültigen zuschüttung des sees und dem abriss des tanzpalastes ließ otto schramms sohn 1925 auf einem teil des geländes den schrammblock, eine damals hypermoderne wohnanlage mit tiefgarage errichten, angrenzend an die schrammstraße, die schon 1885 ihren namen nach unserem otto bekommen hatte, und die hildegardstraße, die nach einer seiner töchter benannt ist.
ach ja, die roten badehosen: die konnte man sich – in einheitsgröße! – gegen kleines geld bei otto schramms bademeistern ausleihen.

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