am schnapszahltag 31.3.1913 dirigiert arnold schönberg im wiener musikvereinssaal seine kammersymphonie sowie orchesterlieder nach maeterlinck-gedichten von alexander von zemlinsky, orchesterlieder nach altenbergs ansichtskartentexten von alban berg und sechs stücke für orchester, op. 6 von anton von webern. auch gustav mahlers kindertotenlieder stehen auf dem programm. doch zu denen kommt’s nicht mehr…
ein zeitungsbericht vom folgenden tag: „Nach dem opus 9 von Schönberg, seiner schon vor einigen Jahren abgelehnten Kammersymphonie, mischten sich leider in das wütende Zischen und Klatschen auch die schrillen Töne von Hausschlüsseln und Pfeifchen und auf der zweiten Galerie kam es zur ersten Prügelei des Abends. Von allen Seiten wurde nun in wüsten Schreiereien Stellung genommen und schon in dieser unnatürlich langen Zwischenpause gerieten die Gegner hart aneinander. Zwei Orchesterlieder nach Ansichtskartentexten von Peter Altenberg von Alban Berg raubten aber auch den bisher Besonnenen die Fassung (…) Dadurch aber, daß Schönberg inmitten des Liedes abklopfte und in das Publikum die Worte schrie, daß er jeden Ruhestörer mit Anwendung der öffentlichen Gewalt abführen lassen werde, kam es neuerlich zu aufregenden und wüsten Schimpfereien, Abohrfeigungen und Forderungen. Herr von Webern schrie auch von seiner Loge aus, daß man die ganze Bagage hinausschmeißen sollte und aus dem Publikum kam pünktlich die Antwort, daß man die Anhänger der mißliebigen Richtung der Musik nach Steinhof [in die wiener nervenheilanstalt] abschaffen müßte. Das Toben und Johlen im Saale hörte nun nicht mehr auf. Es war gar kein seltener Anblick, daß irgend ein Herr aus dem Publikum in atemloser Hast und mit affenartiger Behendigkeit über etliche Parkettreihen kletterte, um das Objekt seines Zornes zu ohrfeigen. Der einschreitende Polizeikommissär konnte in diesem Chaos wild aufgepeitschter Leidenschaften nichts ausrichten. Wollte er in irgend einem Rudel Raufender intervenieren und Ruhe schaffen, so hörte man zu gleicher Zeit von allen Seiten das Aufklatschen von Ohrfeigen. (…) Alle möglichen Leute stürmten nun auf die vor Aufregung schreckensbleichen und zitternden Musiker ein und beschworen sie, das Podium zu räumen und das Konzert zu beenden (…)“. was dann auch geschah.
schönbergs musikalische „fortschrittspartei“ versammelte sich anschließend im café museum und schrieb einem abwesenden freund eine karte: „wieder ein schöner abend, der unvergeßliches brachte.“

