seit wann stochern dirigenten eigentlich mit diesen stöckchen in der luft herum?
der erste bislang bekannte einsatz eines dirigentenstabes geht auf das jahr 709 v.u.z. zurück. da nämlich wird von „pherekydes von patrae, geber des rhythmus“ berichtet, dass er sich für eine musikvorführung auf eine art hochsitz setzte und einen goldenen stab in den luft schwenkte, um einsatz-zeichen für die im kreis um ihn herum gruppierten flöten- und cythara-spieler zu geben.
anscheinend hat man diese methode später wieder vergessen. eine form des dirigierens, die mindestens seit dem mittelalter praktiziert wurde, war stattdessen die verwendung von handgesten, um melodische formen anzuzeigen. aber die nach 709 v.u.z. nächste erwähnung eines taktstocks findet sich erst 1594 im bericht des patriziers ercole bottrigari, der ein konzert im kloster sag vito in ferrara beschreibt, in dem die nonne und konzertmeisterin vittoria raffaella aleotti mit einem polierten stab ihre musizierenden mitschwestern dirigiert hat.
knapp ein jahrhundert später, 1687, rammte sich jean-baptiste lully beim dirigieren seiner neuen motette „te deum“ den langen stab, den er in gleichmäßigem tempo auf den boden stampfte (ein bisschen wie bei einem metronom), aus versehen in den zeh und starb später am wundbrand (die motette hatte er übrigens anläßlich der genesung von ludwig XIV. komponiert, dem der arzt charles-françois félix de tassy zuvor erfolgreich eine gefährliche fistel am hintern entfernt hatte:)
anders als in frankreich wurde zu dieser zeit in deutschland gerolltes (noten)papier oder der geigenbogen zum taktangeben benutzt und ein mitglied des ensembles, meist das cembalo oder die violine, fungierte nebenbei als dirigent. mit dem größerwerden der orchester und chöre und der zunehmend komplexeren musik wurden aber auch die aufgaben des dirigenten umfangreicher. die zeitenwende, nämlich, dass ein musiker bei der aufführung nur dirigierte und nicht noch zusätzlich ein instrument spielte, also der beruf des dirigenten erfunden wurde, kam etwa zum ende des 18. jahrhunderts. so soll joseph haydn bei der uraufführung seiner schöpfung 1798 bereits einen stock benutzt oder zumindest das tempo mit den händen angegeben haben (während der kapellmeister, der früher das orchester geleitet hatte, am klavier saß), und 1791 dirigierte mozart die uraufführung der zauberflöte ebenfalls selbst.
und der eigentliche taktstock? mit dem größerwerden der orchester wurde auch der abstand des taktangebenden zu den musikern größer und ein utensil notwendig, das seine arme „verlängerte“ bzw. seine bewegungen „vergrößerte, damit sie noch gut erkennbar waren. und bekanntlich hat der erfolg immer viele väter. 1810 soll der hallenser organist und komponist daniel gottlieb turk eine art taktstock zum dirigieren seines orchesters benutzt haben, und zwar so heftig, dass er gelegentlich den kronleuchter über seinem kopf traf und sich mit dem zerberstenden glas überschüttete. der zweite anwärter für den ersten einsatz des taktstocks ist ignaz franz von mosel, der 1812 einen taktstock verwendet haben soll, als er gemeinsam mit carl steinacker in wien ein monumentalkonzert leitete. und auch von dem damals sehr berühmten braunschweiger komponisten louis spohr wird behauptet, er habe den taktstock erfunden und 1820 seine zweite symphonie mit der philharmonic society in london damit dirigiert, statt mit einer zusammengerollten notenmappe wie zuvor (die musiker sollen im übrigen „not amused“ gewesen sein, da sie sich der überlieferung nach eher „domptiert“ als dirigiert gefühlt hätten).
wer auch immer die nummer eins war. um 1830 setzte sich das neue hilfsmittel jedenfalls allmählich durch (wenn auch nicht bei allen dirigenten). felix mendelssohn benutzte ab 1832 einen „taktierstock“ und bald auch andere wie carl maria von weber. diese ersten taktstöcke waren aus dunklem holz, konisch geschnitten und hatten drei gravierte ringe an der unterseite (quasi der griff). später, als das abdunkeln der konzertsäle sich durchsetzte und die dirigenten begannen, sich komplett schwarz zu kleiden, ging man zu hellen taktstöcken über (gern aus elfenbein oder gold, und mit diamanten besetzt), damit die musiker noch etwas erkennen konnten.
europas einzige und älteste taktstock-manufaktur „rohema“, gegründet 1888 von robert eduard hellinger, befindet sich übrigens in sachsen, in markneukirchen. aus ihrer werbung: „heute bekommt man einen taktstock schon für knapp 5 euro: das modell mozart besteht aus naturholz, ist etwas weniger als einen halben meter lang und ohne griff … die modelle unterscheiden sich in breite und länge, griff und balance-punkt sowie material. die stöcke aus naturholz, carbon und glasfiber wiegen zwischen 4 und 10 gramm. den größten unterschied machen die griffe. sie sind mal oval, kugelförmig oder zylindrisch, wahlweise aus eben- und palisanderholz, kork oder gummi. der porsche unter den stäben ist der „maestro“. er besteht aus einem ebenholz-griff und ist mit einer aluminium-einlage ausgestattet.“ (aber mir reicht modell „trabant“:)

